Aṅguttara Nikāya
Das Zehner-Buch
92. Der Stromergriffene
Im Jetahain bei Sāvatthī. Der Erhabene sprach zu Anāthapindika, dem Hausvater:
- „Wenn, o Hausvater, in einem edlen Jünger die fünf schrecklichen Übel geschwunden sind,
- wenn er ausgerüstet ist mit den vier Gliedern des Stromeintritts und
- er den edlen Richtweg in Weisheit ganz verstanden und durchdrungen hat,
so mag er, wenn er will, von sich selber erklären: „Entronnen bin ich der Hölle, entronnen dem Tierschoße, entronnen dem Gespensterreich, entronnen den niederen Welten, der Leidensfährte, den Daseinsabgründen. Eingetreten bin ich in den Strom, nicht mehr ausgesetzt den Daseinsabgründen, gesichert bin ich, der vollen Erleuchtung gewiß.“
Welche fünf schrecklichen Übel aber, o Hausvater, sind in ihm geschwunden?
Während derjenige, o Hausvater, der tötet, auf Grund des Tötens schreckliches Übel erzeugt in der Gegenwart, schreckliches Übel erzeugt in künftigem Dasein und auch in seinem Inneren Schmerz und Mißstimmung empfindet; so erzeugt, wer das Töten meidet, weder gegenwärtig, noch in künftigem Dasein, schreckliches Übel, und er empfindet innerlich keinen Schmerz, keine Mißstimmung. ‚Wer also das Töten meidet, in dem ist dadurch dieses schreckliche Übel geschwunden.
Während derjenige, der Nichtgegebenes nimmt, geschlechtliche Ausschreitung begeht, lügt und Rauschmittel genießt, auf Grund davon gegenwärtig und in künftigem Dasein schreckliches Übel erzeugt und auch in seinem Inneren Schmerz und Mißstimmung empfindet; so erzeugt, wer all dies vermeidet, weder gegenwärtig noch in künftigem Dasein schreckliches Übel, und er empfindet innerlich keinen Schmerz, keine Mißstimmung. Diese fünf schrecklichen Übel sind geschwunden.
Welches aber sind die vier Glieder des Stromeintritts, mit denen er ausgerüstet ist?
Da ist der edle Jünger erfüllt von unerschütterlichem Vertrauen zum Vollendeten, so nämlich: „Dies, wahrlich, ist der Erhabene: er ist der Heilige, vollkommen Erleuchtete, der im Wissen und Wandel Bewährte, der Gesegnete, der Kenner der Welt, der unvergleichliche Lenker führungsbedürftiger Menschen, der Meister der Götter und Menschen, der Erleuchtete, der Erhabene.“
Er ist erfüllt von unerschütterlichem Vertrauen in die Lehre, so nämlich: „Wohl verkündet ist vom Erhabenen die Lehre, die klar sichtbar ist, unmittelbar wirksam, einladend, zum Ziele führend, den Verständigen, jedem für sich, verständlich.“
Er ist erfüllt von unerschütterlichem Vertrauen in die Mönchsgemeinde, so nämlich: „Gut wandelt die Jüngergemeinde des Erhabenen, gerade wandelt die Jüngergemeinde des Erhabenen, auf dem rechten Pfade wandelt die Jüngergemeinde des Erhabenen, geziemend wandelt die Jüngergemeinde des Erhabenen. Würdig ist sie des Opfers, würdig der Gastspende, würdig der Gaben, würdig des ehrfurchtsvollen Grußes, der beste Boden in der Welt für gute Werke.“
Er ist ausgestattet mit den Sitten, wie sie den Edlen lieb sind, den ungebrochenen, unverletzten, unbefleckten, unverdorbenen, befreienden, von Verständigen gepriesenen, die unbeeinflußbar sind und die geistige Sammlung fördern. Mit diesen vier Gliedern des Stromeintritts ist er ausgestattet.
Welches aber ist der edle Richtweg, den er in Weisheit ganz verstanden und durchdrungen hat?
Da überlegt der edle Jünger also bei sich: „Wenn dieses ist, ist jenes; durch die Entstehung von diesem entsteht jenes. Wenn dieses nicht ist, ist jenes nicht; durch die Aufhebung von diesem, schwindet jenes. Nämlich:
- Durch Unwissenheit bedingt sind die Gestaltungen;
- dadurch das Bewußtsein (im nächsten Dasein);
- dadurch das Geistige und Körperliche;
- dadurch die sechs Sinnengrundlagen;
- dadurch der Bewußtseinseindruck;
- dadurch das Gefühl;
- dadurch das Begehren;
- dadurch das Anhaften;
- dadurch der Werdeprozeß;
- dadurch die Wiedergeburt;
- dadurch Altern und Sterben, Sorge, Jammer, Schmerz, Trübsal und Verzweiflung.
So kommt es zur Entstehung dieser ganzen Leidensfülle.
- Infolge der restlosen Loslösung und der Erlöschung des Nichtwissens aber kommt es zur Erlöschung der Gestaltungen;
- durch Erlöschung der Gestaltungen zur Erlöschung des Bewußtseins;
- durch Erlöschung des Bewußtseins zur Erlöschung des Geistigen und Körperlichen;
- durch Erlöschung des Geistigen und Körperlichen zur Erlöschung der sechs Sinnengrundlagen;
- durch Erlöschung der sechs Sinnengrundlagen zur Erlöschung des Bewußtseinseindrucks;
- durch Erlöschung des Bewußtseinseindrucks zur Erlöschung des Gefühls;
- durch Erlöschung des Gefühls zur Erlöschung des Begehrens;
- durch Erlöschung des Begehrens zur Erlöschung des Anhaftens;
- durch Erlöschung des Anhaftens zur Erlöschung des Werdeprozesses;
- durch Erlöschung des Werdeprozesses zur Erlöschung der Wiedergeburt;
- durch Erlöschung der Wiedergeburt aber erlöschen Altern und Sterben, Sorge, Jammer, Schmerz, Trübsal und Verzweiflung.
So kommt es zum Erlöschen dieser ganzen Leidensfülle.“ Dies aber ist der edle Richtweg, den er in Weisheit ganz verstanden und durchdrungen hat.
Wenn, o Hausvater, in einem edlen Jünger diese fünf schrecklichen Übel geschwunden sind, wenn er ausgestattet ist mit den vier Gliedern des Stromeintritts und er den edlen Richtweg in Weisheit ganz verstanden und durchdrungen hat, so mag er, wenn er will, von sich selber erklären: „Entronnen bin ich der Hölle, entronnen dem Tierschoße, entronnen dem Gespensterreich, entronnen den niederen Welten, der Leidensfährte, den Daseinsabgründen. Eingetreten bin ich in den Strom, nicht mehr ausgesetzt den Daseinsabgründen, gesichert bin ich, der vollen Erleuchtung gewiß.“