Aṅguttara Nikāya
Das Elfer-Buch
17. Der Rinderhirt
Ein Rinderhirt, ihr Mönche, der elf Eigenschaften besitzt, ist außerstande, die Rinderherde zu hüten und zum Gedeihen zu bringen. Welches sind diese elf Eigenschaften?
Da, ihr Mönche, kennt der Rinderhirt nicht die Körperformen; versteht sich nicht auf die Erkennungszeichen; entfernt nicht die Fliegeneier; verbindet nicht die Wunden; räuchert nicht; kennt nicht die Tränke; kennt nicht den Trank; kennt nicht die Fährte; versteht sich nicht auf die Weide; melkt, ohne einen Rest im Euter zu lassen; schenkt den Stieren, die der Herde Väter und Leiter sind, keine besondere Achtung.
Ebenso auch, ihr Mönche, ist der elf Eigenschaften besitzende Mönch außerstande, es in dieser Lehre und Zucht zum Fortschritt, zum Gedeihen und zur Größe zu bringen. Welches sind diese elf Eigenschaften?
Da, ihr Mönche, kennt der Mönch nicht die Körperform; versteht sich nicht auf die Erkennungszeichen; entfernt nicht die Fliegeneier; verbindet nicht die Wunden; räuchert nicht; kennt nicht die Tränke; kennt nicht den Trank; kennt nicht die Fährte; versteht sich nicht auf die Weide; melkt, ohne einen Rest im Euter zu lassen; schenkt jenen älteren, erfahrenen, vor langer Zeit in die Hauslosigkeit gezogenen Mönchen, den Vätern und Leitern der Mönchsgemeinde, keine besondere Achtung.
Wie aber, ihr Mönche, kennt der Mönch nicht die Körperform? Da, ihr Mönche, weiß der Mönch nicht der Wirklichkeit gemäß, daß alles Körperliche einbegriffen ist in den vier Grundstoffen und der von den vier Grundstoffen abhängigen Körperlichkeit. So, ihr Mönche, kennt der Mönch nicht die Körperform.
Wie aber, ihr Mönche, versteht sich der Mönch nicht auf die Erkennungszeichen? Da, ihr Mönche, weiß der Mönch nicht der Wirklichkeit gemäß, daß man Toren und Weise an ihren Taten erkennen kann. So, ihr Mönche, versteht sich der Mönch nicht auf die Erkennungszeichen.
Wie aber, ihr Mönche, entfernt der Mönch nicht die Fliegeneier? Da, ihr Mönche, duldet der Mönch in sich einen aufgestiegenen sinnlichen Gedanken, duldet einen aufgestiegenen Haßgedanken, duldet einen aufgestiegenen schädigenden Gedanken, duldet die wiederholt aufsteigenden üblen, unheilsamen Dinge, überwindet sie nicht, vertreibt sie nicht, vernichtet sie nicht, bringt sie nicht zum Schwinden. So, ihr Mönche, entfernt der Mönch nicht die Fliegeneier.
Wie aber, ihr Mönche, verbindet der Mönch nicht die Wunden? Erblickt da, ihr Mönche, der Mönch mit dem Auge eine Form, so haftet er am Ganzen, haftet an den Einzelheiten; und obgleich, bei unbewachtem Auge, Begehren und Mißmut, üble, unheilsame Einflüsse in ihn einströmen möchten, bemüht er sich nicht, dem zu wehren, er bewacht nicht den Gesichtssinn und zügelt ihn nicht. Vernimmt er mit dem Ohre einen Ton—riecht er mit der Nase einen Duft—schmeckt er mit der Zunge einen Saft—fühlt er mit dem Körper etwas Tastbares—ist er sich im Geiste eines Gedankens bewußt, so haftet er am Ganzen, haftet an den Einzelheiten; und obgleich, bei unbewachtem Geiste, Begehren und Mißmut, üble, unheilsame Einflüsse in ihn einströmen möchten, bemüht er sich nicht, dem zu wehren, er bewacht nicht den Geistsinn und zügelt ihn nicht. So, ihr Mönche, verbindet der Mönch nicht die Wunden.
Wie aber, ihr Mönche, räuchert der Mönch nicht? Da, ihr Mönche, unterweist der Mönch nicht die anderen ausführlich in der Lehre, so, wie er sie gehört und gelernt hat. So, ihr Mönche, räuchert der Mönch nicht.
Wie aber, ihr Mönche, kennt der Mönch nicht die Tränke? Da, ihr Mönche, begibt sich der Mönch nicht von Zeit zu Zeit zu jenen wissensreichen älteren Mönchen, die wohl vertraut sind mit dem Lehrgut, die Träger der Lehre, der Ordenszucht und der Leitsätze sind; und er befragt sie nicht und erkundigt sich nicht bei ihnen, wie dies oder jenes sich verhalte, wie dies oder jenes zu verstehen sei. Und jene Ehrwürdigen erschließen ihm nicht das Unerschlossene, erklären ihm nicht das Ungeklärte und lösen nicht seine Zweifel in mancherlei zweifelhaften Fällen. So, ihr Mönche, kennt der Mönch nicht die Tränke.
Wie aber, ihr Mönche, kennt der Mönch nicht den Trank? Da, ihr Mönche, gewinnt der Mönch beim Vortrage der vom Vollendeten verkündeten Lehre und Zucht keine Begeisterung für das Ziel, keine Begeisterung für die Lehre, gewinnt nicht Freude an der Lehre. So, ihr Mönche, kennt der Mönch nicht den Trank.
Wie aber, ihr Mönche, kennt der Mönch nicht die Fährte? Da, ihr Mönche, kennt der Mönch nicht der Wirklichkeit gemäß den Edlen Achtfachen Pfad. So, ihr Mönche, kennt der Mönch nicht die Fährte.
Wie aber, ihr Mönche, versteht sich der Mönch nicht auf die Weide? Da, ihr Mönche, kennt der Mönch nicht der Wirklichkeit gemäß die vier Grundlagen der Achtsamkeit. So, ihr Mönche, versteht sich der Mönch nicht auf die Weide.
Wie aber, ihr Mönche, melkt der Mönch, ohne einen Rest im Euter zu lassen? Wenn da, ihr Mönche, vertrauensvolle Hausleute dem Mönch Gewand, Almosenspeise, Lagerstatt und Arzneimittel anbieten, so kennt er kein Maß im Annehmen. So, ihr Mönche, melkt der Mönch, ohne einen Rest im Euter zu lassen.
Wie aber, ihr Mönche, schenkt der Mönch keine besondere Achtung jenen älteren, erfahrenen, vor langer Zeit in die Hauslosigkeit gezogenen Mönchen, den Vätern und Leitern der Mönchsgemeinde? Da, ihr Mönche, dient ihnen der Mönch nicht mit liebevoller Tat in Werken, Worten und Gedanken, sei es bemerkt oder unbemerkt. So, ihr Mönche, schenkt ihnen der Mönch keine besondere Achtung. Der diese elf Eigenschaften besitzende Mönch, ihr Mönche, ist außerstande, es in dieser Lehre und Zucht zum Fortschritt, zum Gedeihen und zur Größe zu bringen
Da aber, ihr Mönche, kennt der Mönch die Körperform; versteht sich auf die Erkennungszeichen; entfernt die Fliegeneier; verbindet die Wunden; räuchert; kenn die Tränke, kennt den Trank; kennt die Fährte; versteht sich auf die Weide; läß beim Melken einen Rest im Euter; schenkt jenen älteren, erfahrenen, vor langer Zei in die Hauslosigkeit gezogenen Mönchen besondere Achtung.
Die hier folgende Erklärung ist die genaue Umkehrung des Vorstehenden.
Der diese elf Eigenschaften besitzende Mönch, ihr Mönche, ist wohl imstande, es in dieser Lehre und Zucht zum Fortschritt, zum Gedeihen und zur Größe zu bringen.