Aṅguttara Nikāya
Das Dreier-Buch
39. Dreierlei Rausch
Sorgenlos lebte ich, ihr Mönche, höchst sorgenlos, äußerst sorgenlos. In der Wohnung meines Vaters hatte man für mich Lotusteiche anlegen lassen; an einer Stelle blühten blaue Lotusblumen, an einer Stelle weiße, an einer Stelle rote; und dies bloß um meinetwillen. Nicht benutzte ich andere Salben, als solche aus Benares. Aus Benaresstoff war mein Turban, aus Benaresstoff meine Jacke, aus Benaresstoff mein Untergewand, aus Benaresstoff mein Überwurf. Tag und Nacht wurde ein weißer Schirm über mich gehalten, damit ich nicht durch Kälte, Hitze, Staub, Grashalme oder Tau belästigt werde. Drei Paläste besaß ich, einen für den Winter, einen für den Sommer und einen für die Regenzeit. Im Regenzeit-Palaste war ich während der vier Monate ausschließlich von weiblichen Musikanten umgeben, und nicht verließ ich während dieser Zeit den Palast. Während in den Häusern anderer den Dienern und Knechten ein Gericht aus Bruchreis gereicht wird und als zweites eine saure Reissuppe, so wurde im Hause meines Vaters den Knechten und Dienern ein aus gutem Kochreis und Fleisch bestehendes Gericht verabreicht.
In solchem Wohlleben, ihr Mönche, und in solch äußerster Sorgenlosigkeit kam mir der Gedanke:
‚Wahrlich, der unkundige Weltling, selber dem Alter unterworfen, ohne dem Alter entrinnen zu können, ist bedrückt, entsetzt und ekelt sich, wenn er einen Gealterten sieht; sich selber aber läßt er dabei außer acht. Doch auch ich bin ja dem Alter unterworfen, kann dem Altern nicht entgehen. Würde ich nun, der ich dem Alter unterworfen bin, dem Altern nicht entgehen kann, beim Anblick eines Gealterten bedrückt sein, mich entsetzen und ekeln, so wäre das nicht recht von mir.‘ Indem ich, ihr Mönche, so dachte, schwand mir jeglicher Jugendrausch (yobbana-mada, ārogya-mada, jīvita-mada).
Wahrlich, der unkundige Weltling, selber der Krankheit unterworfen, ohne der Krankheit entgehen zu können, ist bedrückt, entsetzt und ekelt sich, wenn er einen Erkrankten sieht; sich selber aber läßt er dabei außer acht. Doch auch ich bin ja der Krankheit unterworfen, kann der Krankheit nicht entgehen. Würde ich nun, der ich der Krankheit unterworfen bin, der Krankheit nicht entgehen kann, beim Anblick eines Erkrankten bedrückt sein, mich entsetzen und ekeln, so wäre das nicht recht von mir.‘ Indem ich so dachte, schwand mir jeglicher Gesundheitsrausch.
Wahrlich, der unkundige Weltling, selber dem Tode unterworfen, ohne dem Tode entgehen zu können, ist bedrückt, entsetzt und ekelt sich, wenn er einen Gestorbenen sieht; sich selber aber läßt er dabei außer acht. Doch auch ich bin ja dem Tode unterworfen, kann dem Tode nicht entgehen. Würde ich nun, der ich dem Tode unterworfen bin, dem Tode nicht entgehen kann, beim Anblick eines Gestorbenen bedrückt sein, mich entsetzen und ekeln, so wäre das nicht recht von mir.‘ Indem ich, ihr Mönche, so dachte, schwand mir jeglicher Lebensrausch.
Drei Arten des Rausches gibt es, ihr Mönche. Welche drei? Den Jugendrausch, den Gesundheitsrausch und den Lebensrausch.
Betört vom Jugendrausch, vom Gesundheitsrausch oder vom Lebensrausch führt der unkundige Weltling einen schlechten Wandel in Werken, einen schlechten Wandel in Worten, einen schlechten Wandel in Gedanken. Dadurch aber, daß er in Werken, Worten und Gedanken einen schlechten Wandel führt, gerät er bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, in niederes Dasein, auf eine Leidensfährte, in Daseinsabgründe, zur Hölle.
Betört vom Jugendrausch, vom Gesundheitsrausch oder vom Lebensrausch gibt der Mönch seine Übungsregel auf und kehrt zum niedrigen Weltleben zurück.
„‘Dem Tod und Altern unterworfen
und auch der Krankheit untertan,
so beschaffen kommt den Weltling
Ekel an vor seinesgleichen.Sollte ich drum Abscheu fühlen
vor den so beschaffenen Wesen,
wäre das nicht recht von mir,
daß ich mich derart verhielte.‘Da ich sinnend also weilte
und das Ungewordene schaute,
überwand ich allen Rausch
der Gesundheit und der Jugend,wie den eitlen Lebensrausch.
Frieden fand ich im Entsagen,
und mein Wille wuchs gewaltig,
als ich die Erlösung schaute.Nimmer wär‘ ich nun imstande,
sinnlichem Genuß zu fröhnen;
keinen Rückfall kann‘s mehr geben:
Heiligkeit hab‘ ich verwirklicht.“