Aṅguttara Nikāya

Das Vierer-Buch

187. Menschenkenntnis I

Einst weilte der Erhabene im Bambushaine bei Rājagaha, am Fütterungsplatz der Eichhörnchen. Da nun begab sich der Brahmane Vassakāra, der Minister aus Magadhā, dorthin, wo der Erhabene weilte... und sprach zu ihm also:

„Mag wohl, Herr Gotama, ein schlechter Mensch einen schlechten Menschen also erkennen: ‚Jener ist ein schlechter Mensch‘.“

„Unmöglich ist es, Brahmane, es kann nicht sein, daß ein schlechter Mensch einen schlechten Menschen also erkennt: ‚Jener ist ein schlechter Mensch‘.“

„Mag aber, Herr Gotama, ein schlechter Mensch einen guten Menschen also erkennen: ‚Jener ist ein guter Mensch‘.“

„Unmöglich ist es, Brahmane, es kann nicht sein, daß ein schlechter Mensch einen guten Menschen also erkennt: ‚Jener ist ein guter Mensch‘.“

„Mag nun ein guter Mensch einen guten Menschen also erkennen: ‚Jener ist ein guter Mensch‘.“

„Wohl möglich ist es, Brahmane, daß ein guter Mensch einen guten Menschen also erkennt: ‚Jener ist ein guter Mensch‘.“

„Mag aber, Herr Gotama, ein guter Mensch einen schlechten Menschen also erkennen: ‚Jener ist ein schlechter Mensch‘.“

„Auch das ist wohl möglich, Brahmane, daß ein guter Mensch einen schlechten Menschen also erkennt: ‚Jener ist ein schlechter Mensch‘.“

„Wunderbar ist es, Herr Gotama, erstaunlich ist es, Herr Gotama, wie da der Herr Gotama dies so richtig erklärt hat.

Einstmals, Herr Gotama, hielt man sich in der Versammlung des Brahmanen Todeyya über die anderen auf. Man sagte: ‚Ein Tor ist dieser König Eleyya, daß er an den Asketen Rāmaputta glaubt und vor dem Asketen Rāmaputta solch äußerste Unterwürfigkeit bezeigt, wie, daß er ihm ehrfurchtsvollen Gruß darbietet, sich vor ihm erhebt, die Hände faltet und ihm Achtung erweist. Auch diese Ergebenen des Königs Eleyya, wie Yamaka, Moggalla, Ugga, Nāvindaki, Gandhabba und Aggivessa, auch diese sind Toren, daß sie an den Asketen Rāmaputta glauben und vor ihm solch äußerste Unterwürfigkeit bezeigen.‘

Auf solche Weise aber überführte sie der Brahmane Todeyya: ‚Was meinen da die Verehrten: ist nicht wohl der König Eleyya weise und bei den wichtigen Verhandlungen, den wichtigen Besprechungen der allerklügste?‘“

‚Ja, o Herr‘, erwiderten jene, ‚weise ist der König Eleyya, ist bei den wichtigen Verhandlungen, den wichtigen Besprechungen der allerklügste.‘

‚Weil nun aber, Verehrte, der Asket Rāmaputta noch weiser ist als der weise König Eleyya und bei den wichtigen Verhandlungen, den wichtigen Besprechungen der allerklügste ist, eben deshalb glaubt der König Eleyya an den Asketen Rāmaputta und bezeigt ihm solch äußerste Unterwürfigkeit. Was meinen da die Verehrten: sind nicht wohl die Ergebenen des Königs Eleyya, wie Yamaka, Moggalla, Ugga, Nāvindaki und Aggivessa weise und bei den wichtigen Verhandlungen, den wichtigen Besprechungen die allerklügsten?‘

‚Ja, o Herr, sie sind es.‘

‚Weil nun aber, Verehrte, der Asket Rāmaputta noch weiser ist als die weisen Ergebenen des Königs Eleyya, eben deshalb glauben auch sie an den Asketen Rāmaputta und bezeigen ihm solch äußerste Unterwürfigkeit.‘

Wunderbar ist es, Herr Gotama, erstaunlich ist es, Herr Gotama, wie da der Herr Gotama so richtig erklärt hat: ‚Unmöglich ist es, Brahmane, es kann nicht sein, daß da ein schlechter Mensch einen schlechten Menschen oder einen guten Menschen also erkennt: Dieser ist ein schlechter Mensch, jener ist ein guter Mensch. Wohl möglich ist es aber, Brahmane, daß ein guter Mensch einen guten Menschen oder einen schlechten Menschen also erkennt: Dieser ist ein guter Mensch, jener ist ein schlechter Mensch.‘

Ich muß nun gehen, Herr Gotama. Viele Pflichten warten meiner, viele Geschäfte.“

„Wie es dir beliebt, Brahmane.“

Und der Brahmane Vassakāra, der Minister aus Magadhā, durch die Rede des Erhabenen erfreut und befriedigt, erhob sich von seinem Sitze und entfernte sich.