Aṅguttara Nikāya
Das Siebener-Buch
64. Die Folgen der Gehässigkeit
Sieben dem Feinde erwünschte und dienliche Dinge, ihr Mönche, befallen den Gehässigen, ob Mann oder Weib. Welche sieben?
1. Da, ihr Mönche, wünscht der Feind dem Feinde: „Ach, daß doch dieser ein häßliches Aussehen hätte!“ Und warum? Weil eben, ihr Mönche, der Feind nicht über des Feindes Schönheit erfreut ist. Selbst wenn sich der gehässige, von Haß überwältigte, haßverzehrte Mensch gründlich badet, salbt, Haar und Bart pflegt und sich in weiße Gewänder kleidet, so ist er dennoch von häßlichem Aussehen, wenn er vom Hasse sich beherrschen läßt. Das, ihr Mönche, ist das erste dem Feinde erwünschte und dienliche Ding, das den Gehässigen befällt, ob Mann oder Weib.
2. Weiterhin, ihr Mönche, wünscht der Feind dem Feinde: „Ach, daß doch dieser einen schlechten Schlaf hätte!“ Und warum? Weil eben, ihr Mönche, der Feind nicht über des Feindes guten Schlaf erfreut ist. Selbst wenn der gehässige, von Haß überwältigte, haßverzehrte Mensch auf einem Sofa schläft, auf dem eine Ziegenhaardecke ausgebreitet ist oder eine weiße Wolldecke oder eine Decke aus feinstem Antilopenfell, und das versehen ist mit einer Überdecke und an beiden Seiten mit purpurnen Kissen, so schläft er dennoch schlecht, wenn er vom Hasse sich beherrschen läßt. Das, ihr Mönche, ist das zweite dem Feinde erwünschte und dienliche Ding, das den Gehässigen befällt, ob Mann oder Weib.
3. Weiterhin, ihr Mönche, wünscht der Feind dem Feinde: „O daß ihm doch keine großen Glücksfälle zuteil würden!“ Und warum? Weil eben, ihr Mönche, der Feind über des Feindes Glücksfälle nicht erfreut ist. Hat nun aber der gehässige, von Haß überwältigte, haßverzehrte Mensch einen Nachteil erlitten, so glaubt er einen Vorteil erlangt zu haben, und hat er einen Vorteil erlangt, so glaubt er einen Nachteil erlitten zu haben. Da er aber, von Haß überwältigt, diese beiden Dinge miteinander verwechselt, darum gereichen sie ihm lange Zeit zum Unheil und Leiden. Das, ihr Mönche, ist das dritte dem Feinde erwünschte und dienliche Ding, das den Gehässigen befällt, ob Mann oder Weib.
4. Weiterhin, ihr Mönche, wünscht der Feind dem Feinde: „Ach, daß doch dieser nicht reich wäre!“ Und warum? Weil eben, ihr Mönche, der Feind nicht über des Feindes Reichtum erfreut ist. Wenn nun der gehässige, von Haß überwältigte, haßververzehrte Mensch auch Schätze besitzt, rechtmäßige, rechtmäßig erlangt, die er sich durch Fleiß und Anstrengung erworben, durch seiner Hände Arbeit, im Schweiße seines Antlitzes angesammelt hat, so lassen die Fürsten seine Besitztümer in die königlichen Schatzkammern wandern (als Strafen für die im Zorn begangenen Handlungen), wenn er vom Hasse sich beherrschen läßt. Das, ihr Mönche, ist das vierte dem Feinde erwünschte und dienliche Ding, das den Gehässigen befällt, ob Mann oder Weib.
5. Weiterhin, ihr Mönche, wünscht der Feind dem Feinde: „Ach, daß doch dieser kein Ansehen besäße!“ Und warum? Weil eben, ihr Mönche, der Feind nicht erfreut ist, wenn sein Feind Ansehen besitzt. Was nun auch der gehässige, von Haß überwältigte, haßverzehrte Mensch durch seine Strebsamkeit an Ansehen erworben hat, das verliert er, wenn er vom Hasse sich beherrschen läßt. Das, ihr Mönche, ist das fünfte dem Feinde erwünschte und dienliche Ding, das den Gehässigen befällt, ob Mann oder Weib.
6. Weiterhin, ihr Mönche, wünscht der Feind dem Feinde: „Ach, daß doch dieser keine Freunde besäße!“ Und warum? Weil eben, ihr Mönche, der Feind nicht erfreut ist, wenn sein Feind Freunde besitzt. Wenn nun auch der gehässige, von Haß überwältigte, haßverzehrte Mensch Freunde und Genossen, Vettern und Blutsverwandte besitzt, so meiden ihn doch jene, wenn er vom Hasse sich beherrschen läßt. Das, ihr Mönche, ist das sechste dem Feinde erwünschte und dienliche Ding, das den Gehässigen befällt, ob Mann oder Weib.
7. Weiterhin, ihr Mönche, wünscht der Feind dem Feinde: „Ach, daß doch dieser beim Zerfall des Körpers, nach dem Tode, in niedere Welt gelangen möchte, auf eine Leidensfährte, in die Daseinsabgründe, zur Hölle!“ Und warum? Weil eben, ihr Mönche, der Feind nicht erfreut ist, wenn sein Feind auf eine glückliche Daseinsfährte gelangt. Der gehässige, von Haß überwältigte, haßverzehrte Mensch aber führt einen schlechten Wandel in Werken, in Worten und in Gedanken; und solchen schlechten Wandel führend, gelangt er beim Zerfall des Körpers, nach dem Tode, in niedere Welt, auf eine Leidensfährte, in die Daseinsabgründe, zur Hölle, da er vom Hasse sich beherrschen läßt. Das, ihr Mönche, ist das siebente dem Feinde erwünschte und dienliche Ding, das den Gehässigen befällt, ob Mann oder Weib.
Diese sieben dem Feinde erwünschten und dienlichen Dinge, ihr Mönche, befallen den Gehässigen, ob Mann oder Weib.
Wer haßt, ist häßlich anzuschauen,
liegt ruhlos auf der Lagerstatt.
Und wenn ein Vorteil ihm erwächst,
glaubt er, daß es ein Nachteil sei.Wenn da durch Worte oder Tat
der Haßverzehrte Mord verübt,
verliert, vom Hasse übermannt,
der Mensch sein ganzes Hab und Gut.Betört durch Hasses Leidenschaft
verliert er seinen guten Ruf,
und Herzensbruder, Vetter, Freund
dem Hasser aus dem Wege gehen.Verderben bringt Gehässigkeit,
Gehässigkeit verstimmt das Herz,
doch nicht bemerkt er die Gefahr,
die so in seinem Herzen wächst.Nicht kennt der Hasser, was ihm nützt,
die Lehre kann er nicht verstehen;
denn Finsternis und Blindheit herrscht,
wo Haß den Menschen niederzwingt.Was auch der Hassende zerstört,
sei‘s mühsam, sei es leicht zu tun,
sobald der Haß erloschen ist,
wird wie vom Feuer er verzehrt.Ist erst der Haß einmal entfacht,
durch den die Welt in Wut entbrannt,
legt er Erregung an den Tag,
gleichwie dem Feuer Rauch entströmt.Nicht kennt er Schamgefühl noch Scheu,
ist ohne Achtung, wenn er spricht;
und wird vom Haß er übermannt,
so kennt er nimmer einen Halt.Voller Qualen sind die Taten,
die vom Guten abseits liegen.
Diese will ich euch nun weisen,
so höret, wie es damit steht:Im Zorn den Vater man erschlägt;
im Zorn bringt man die Mutter um;
im Zorn schlägt man den Priester tot,
im Zorne den gemeinen Mann.Durch die gehegt, durch die gepflegt,
der Weltling diese Welt betrat,
die Mutter, die ihm‘s Leben gab,
selbst die bringt er im Zorne um.Sich selbst hat jedermann zum Freund
sich selber hat am liebsten man
und doch im Zorn bringt man sich um,
von mannigfachem Wahn betört.Man bringt sich mit dem Schwerte um,
verschluckt auch Gift, vom Wahn gepackt,
hängt sich an einem Stricke auf,
stürzt sich von einem Fels hinab.Wer einen Lebenskeim zerstört ,
wer selber sich das Leben nimmt,
begreift nicht, was er damit tut:
Aus Zorn erwächst ihm Untergang.So mag denn aus dem Zorn entstehen
ein ganz versteckter Todesstrick.
Ihn rottet aus durch Selbstbeherrschung,
Erkenntnis, Weisheit, Strebsamkeit!Und wie der einsichtsvolle Mensch
er tötet diesen bösen Trieb,
so sollt ihr euch im Guten üben,
daß euch Erregung nicht mehr packt!Vom Zorn und von Verzweiflung frei,
von Gier entledigt und Verlangen,
gezügelt wer den Haß verwand,
erreicht Nibbāna, triebbefreit.