Dīgha Nikāya 13

Tevijja Sutta

Über die dreivedenkundigen Brahmanen

So habe ich berichten hören.

Einmal gelangte der Erhabene, als er mit einer großen Bhikkhuschar—es waren fünfhundert Bhikkhu’s—durch das Land der Kosala wanderte, nach Manasākaṭa, einem Brahmanendorfe in Kosala. Dort bei Manasākaṭa blieb er in dem Mangowalde am Flusse Aciravatī nördlich von Manasākaṭa.

Damals wohnten viele sehr angesehene und reiche Brahmanen in Manasākaṭa, wie z.B. die Brahmanen Caṅkī, Tārukkha, Pokkharasāti, Jānusoṇi und Todeyya und andere sehr angesehene und reiche Brahmanen.

Da entspann sich zwischen Vāseṭṭha und Bhāradvāja, während sie spazieren gehend dahin wandelten, ein Gespräch über den rechten und den falschen Weg.

Der junge Vāseṭṭha erklärte: „Der einzige gerade und direkte Erlösungsweg, der den ihm Folgenden zur Vereinigung mit Brahmā führt, ist der vom Brahmanen Pokkharasāti gewiesene.“

Der junge Bhāradvāja aber behauptete: „Der einzige gerade und direkte Weg zur Erlösung, der den ihm Folgenden zur Vereinigung mit Brahmā führt, ist der vom Brahmanen Tārukkha gewiesene.“

Es konnte aber weder der junge Vāseṭṭha den jungen Bhāradvāja überzeugen, noch auch der junge Bhāradvāja den jungen Vāseṭṭha.

Da sprach Vāseṭṭha zu Bhāradvāja: „Bhāradvāja, da hält sich ja jener Samaṇa Gotama aus dem Geschlecht der Sakya’s, der weltflüchtig dem Leben in seiner Familie entsagt hat, bei Manasākaṭa auf, nördlich davon, in dem Mangowalde am Flusse Aciravatī. Über diesen verehrlichen Gotama ergeht man sich überall in glänzenden Ruhmesworten der Art: ‚Wahrlich, der Erhabene ist der vollendete vollkommen Erleuchtete, reich an Wissen, wegeskundig, der Pfadvollender, der Welterkenner, der unvergleichliche Menschenerzieher, der Lehrer von Göttern und Menschen, der erhabene Buddha‘. Komm, Bhāradvāja, laß uns zum Samaṇa Gotama gehen und ihn darum befragen! Was er uns antwortet, das wollen wir gelten lassen.“ Der junge Bhāradvāja war mit diesem Vorschlage des jungen Vāseṭṭha einverstanden.

Darauf machten sich Vāseṭṭha und Bhāradvāja auf den Weg zum Erhabenen. Bei ihm angekommen begrüßten sie sich freundlich mit ihm, tauschten mit ihm die üblichen höflichen Fragen nach dem Befinden u.s.w. und nahmen etwas abseits Platz. Von seinem Sitze aus sprach der junge Vāseṭṭha zum Erhabenen: „Verehrter Gotama, (wir kommen) in folgender Angelegenheit: Als wir spazieren gehend dahin wandelten, entspann sich zwischen uns ein Gespräch über den rechten und den falschen Weg. Ich erklärte: ‚Der einzige gerade und direkte Weg zur Erlösung, der den ihm Folgenden zur Vereinigung mit Brahmā führt, ist der vom Brahmanen Pokkharasāti gewiesene‘. Bhāradvāja aber behauptete: ‚Der einzige gerade und direkte Weg zur Erlösung, der den ihm Folgenden zur Vereinigung mit Brahmā führt, ist der vom Brahmanen Tārukkha gewiesene‘. Darüber ist es zu Streit, Uneinigkeit und Meinungsverschiedenheit gekommen.“

„Vāseṭṭha, du hast demnach behauptet: ‚Der einzige gerade . . .‘ Bhāradvāja aber hat behauptet: ‚Der einzige gerade . . .‘. Worüber speziell seid ihr denn verschiedener Ansicht?“

„Über den (ganzen) rechten und falschen Weg, verehrter Gotama. Verehrter Gotama, führen denn, obwohl die (verschiedenen) Brahmanen verschiedene Wege lehren—nämlich die Addhariya-, die Tittiriya-, die Chandoka-, die Chandāva-Brahmanen und diejenigen, die den heiligen Wandel für die Hauptsache halten—alle diese Wege die ihnen Folgenden zur Vereinigung mit Brahmā? In der Umgegend eines Dorfes oder einer Stadt gibt es ja viele verschiedene Wege, und doch laufen in dem Dorfe alle zu sammen. Führen in gleicher Weise, obwohl die verschiedenen Brahmanen verschiedene Wege lehren—nämlich die Addhariya-, Tittiriya-, Chandoka und Chandāva-Brahmanen und diejenigen, die den heiligen Wandel für die Hauptsache halten—alle diese ihre verschiedenen Erlösungswege die ihnen Folgenden zur Vereinigung mit Brahmā hin?“

„Ob sie hinführen, fragst du, Vāseṭṭha?“ „Ja, verehrter Gotama, so frage ich.“ „Hinführen, Vāseṭṭha?“ „Ja, verehrter Gotama, hinführen.“ „Wirklich, hinführen, Vāseṭṭha?“ „Ja, hinführen, verehrter Gotama!“

„Wie stellst du dir das denn vor, Vāseṭṭha? Gibt es auch nur einen einzigen unter den dreivedenkundigen Brahmanen, der den Brahmā von Angesicht zu Angesicht gesehen hätte?“ „Nein, verehrter Gotama.“ „Oder ist unter den dreivedenkundigen Brahmanen auch nur ein Lehrer, der den Brahmā von Angesicht zu Angesicht gesehen hätte?“ „Nein, verehrter Gotama.“ „Oder ein Lehrer eines Lehrers?“ „Nein, verehrter Gotama.“ „Oder ein Lehrer eines Lehrers eines Lehrers usw. bis zur siebenten Lehrerslehrer-Stufe rückwärts gerechnet?“ „Nein, verehrter Gotama.“

„Wie denkst du, Vāseṭṭha, aber über jene vorzeitlichen Seher der dreivedenkundigen Brahmanen, die Schöpfer und Verkündiger ihrer heiligen Verse, wie Aṭṭhaka, Vāmaka, Vāmadeva, Vessāmitta, Yamataggi, Aṅgirasa, Bhāradvāja, Vāseṭṭha, Kassapa, Bhagu, deren Liedertext, wie sie ihn ehemals gesungen, gesagt und ersonnen haben, die dreivedenkundigen Brahmanen der Gegenwart nur nachsingen und -sprechen, die nur sprechen und lehren, was vor ihnen gesprochen und gelehrt worden ist, haben die gesagt: ‚Wir wissen und haben es selbst mit Augen gesehen, wo Brahmā ist, auf welchem Wege man zu ihm kommen kann und in welcher Richtung‘?“ „Nein, verehrter Gotama.“

„Vāseṭṭha, so gibt es denn also, wie du selbst zugestehst, unter den dreivedenkundigen Brahmanen auch nicht einen Brahmanen, auch nicht einen Lehrer, auch nicht einen Lehrer eines Lehrers, auch nicht einen Lehrer eines Lehrers eines Lehrers usw. bis zur siebenten Lehrerslehrer- Stufe rückwärts, der den Brahmā von Angesicht zu Angesicht gesehen hätte. Und auch die vorzeitlichen Seher der dreivedenkundigen Brahmanen wie Aṭṭhaka . . . haben nie behauptet: ‚Wir wissen und haben es mit eigenen Augen gesehen, wo Brahmā ist, auf welchem Wege und in welcher Richtung er zu erreichen ist‘. Unsere heutigen dreivedenkundigen Brahmanen behaupten also: ‚Den wir nicht kennen und nie gesehen haben, zur Vereinigung mit dem weisen wir den Weg mit den Worten: ‚Dies nur ist der gerade und direkte Erlösungsweg, der den ihm Folgenden zur Vereinigung mit Brahmā führt‘.‘ Was meinst du, Vāseṭṭha, erweist sich denn da die Behauptung der dreivedenkundigen Brahmanen nicht als unüberlegtes Gerede?“ „Allerdings, verehrter Gotama!“

„Vāseṭṭha, daß die dreivedenkundigen Brahmanen zur Vereinigung mit dem, den sie nicht kennen und nie gesehen haben, den Weg weisen könnten: ‚Nur dieses ist der gerade und direkte Erlösungsweg, der den ihm Folgenden zur Vereinigung mit Brahmā führt‘, ist ein Unding. Es verhält sich damit wie mit einer Reihe von Blinden, die sich aneinander festhalten: der Vorderste sieht nichts, der in der Mitte Befindliche sieht nichts, und der Letzte sieht auch nichts. Einer solchen Reihe von Blinden sind jene dreivedenkundigen Brahmanen mit ihrem Gerede zu vergleichen: der Vorderste sieht nichts, der in der Mitte Befindliche sieht nichts, und der Letzte sieht auch nichts. Ihre Worte sind lächerlich, inhaltslos und hohl, es sind bloße Worte und leerer Schall.

„Wie denkst du, Vāseṭṭha? Vermögen die dreivedenkundigen Brahmanen, und ebenso andere gewöhnliche Menschen, Sonne und Mond zu sehen, und beten und lobsingen sie und wenden sich mit gefalteten Händen verehrend den Stellen zu, wo sie auf- und wo sie untergehen?“ „Ja, verehrter Gotama.“

„Was meinst du nun, Vāseṭṭha? Was die dreivedenkundigen Brahmanen, wie ja auch andere, gewöhnliche, Menschen, wirklich sehen, Sonne und Mond und die Stellen, wo beide auf- und untergehen, zu welchen Stellen sie betend und lobsingend verehrungsvoll mit gefalteten Händen sich hinwenden, vermögen sie den Weg (auch nur) zur Vereinigung (damit,) mit (dieser sichtbaren) Sonne und (diesem sichtbaren) Monde zu weisen: ‚Das allein ist der gerade und direkte Erlösungsweg, der den ihm Folgenden zur Vereinigung mit Sonne und Mond führt‘?“ „Nein, verehrter Gotama“.

„Also, Vāseṭṭha, nicht einmal zur Vereinigung mit dem, was sie, wie andere gewöhnliche Menschen, wirklich sehen, mit Sonne und Mond und den Stellen, wo beide auf- und untergehen ..., vermögen sie, wie du zugestehst, den Weg zu weisen: ‚. . .‘ Den Brahmā aber hat, wie du ebenfalls zugestehst, nicht einmal irgend jemand von Angesicht zu Angesicht gesehen, weder einer der dreivedenkundigen Brahmanen, noch einer ihrer Lehrer oder Lehrerslehrer u.s.w. bis zur siebenten Lehrerslehrer-Stufe rückwärts gerechnet, und keiner ihrer vorzeitlichen Seher wie Aṭṭhaka . . . hat jemals behauptet: ‚Wir wissen und haben es mit eigenen Augen gesehen, wo Brahmā ist und auf welchem Wege und in welcher Richtung er zu erreichen ist‘. Diese dreivedenkundigen Brahmanen behaupten also (im Grunde): ‚Den wir weder kennen noch jemals gesehen haben, zur Vereinigung mit dem weisen wir den Weg: ‚Nur dieses ist der gerade und direkte Erlösungsweg, der den ihm Folgenden zur Vereinigung mit Brahmā führt‘.‘ Was meinst du, Vāseṭṭha, erweist sich bei so bewandten Umständen die Behauptung der dreivedenkundigen Brahmanen nicht als ein unüberlegtes Gerede?“ „Allerdings, verehrter Gotama.“

„Gut, Vāseṭṭha; daß die dreivedenkundigen Brahmanen zur Vereinigung mit dem, den sie nicht kennen und nie gesehen haben, den Weg weisen könnten: ‚Nur dieses ist der gerade und direkte Erlösungsweg, der den ihm Folgenden zur Vereinigung mit Brahmā führt‘, ist ein Unding.

„Vāseṭṭha, es ist geradeso, als wenn jemand sagen wollte: ‚Ich liebe die Schönste in dem und dem Lande . . .

„Vāseṭṭha, ebenso hat, wie du zugestehst, den Brahmā noch niemals jemand von Angesicht zu Angesicht gesehen, weder einer der dreivedenkundigen Brahmanen, noch . . .

„Oder es ist mit ihnen so, Vāseṭṭha, als ob jemand auf einem Platze . . .

„Vāseṭṭha, ebenso hat den Brahmā noch niemals jemand von Angesicht zu Angesicht gesehen . . .

„Gut, Vāseṭṭha . . .

„Vāseṭṭha, (ich will dir) noch ein Gleichnis (sagen: Stelle dir vor,) dieser Fluß Aciravatī hier sei angeschwollen und bis an den Rand voll, sodaß Krähen (vom Uferrande aus) Wasser daraus trinken könnten, und es käme jemand, der am anderen Ufer etwas zu tun hat, dorthin unterwegs ist und hinüber möchte, und wollte sich am diesseitigen Ufer hinstellen und dem jenseitigen zurufen: ‚Komm herüber, jenseitiges Ufer, komm herüber, jenseitiges Ufer.“ Vāseṭṭha, was meinst du dazu, würde sich des Aciravatī-Flusses jenseitiges Ufer durch sein Rufen, Flehen, Bitten und Verlangen wohl bewegen lassen, an’s diesseitige Ufer zu kommen?“ „Nein, verehrter Gotama.“

„Es ist aber ganz dasselbe, Vāseṭṭha, wenn die dreivedenkundigen Brahmanen, indem sie ohne die Eigenschaften dahinleben, die den wahren Brahmanen ausmachen, und die Eigenschaften annehmen und festhalten, die (den Brahmanen) zum Nicht-Brahmanen machen, sagen: ‚Den Indra rufen wir an, den Soma, Varuṇa, Īsāna, Pajāpati, Brahmā, Mahiddhi, Yama rufen wir an‘. Denn, Vāseṭṭha, daß diese dreivedenkundigen Brahmanen, die das sagen und dabei dauernd auf die Eigenschaften verzichten, die den wahren Brahmanen ausmachen, und die annehmen und pflegen, die (den Brahmanen) zum Nicht-Brahmanen machen, wegen dieses Anrufens, Flehens, Bittens und Verlangens nach ihrem körperlichen Ende, dem Tode, zur Vereinigung mit Brahmā gelangen, ist doch ausgeschlossen.

„Noch ein andres Gleichnis (laß mich dir sagen), Vāseṭṭha! (Stelle dir vor,) der Fluß Aciravatī hier wäre angeschwollen und bis oben voll, sodaß die Krähen vom Uferrande aus trinken könnten, und es käme dann jemand, der am anderen Ufer etwas zu tun hat, dorthin unterwegs ist und darum über den Fluß möchte, und stände am diesseitigen Ufer, die Hände mit einem soliden Klotz auf den Rücken gefesselt, was denkst du, Vāseṭṭha, würde der Betreffende wohl vom diesseitigen Ufer der Aciravatī an’s jenseitige kommen?“ „Nein, verehrter Gotama.“

„Vāseṭṭha, so heißen auch die fünferlei Sinnengenüsse in des Hohen Erziehungslehre Klotz und Fessel. Welches sind diese fünf? Die vom Auge wahrgenommenen Gestalten, die erwünscht, beliebt, angenehm, erfreulich, wollust-weckend und berückend sind; die vom Ohre wahrgenommenen Töne, . . .; die von der Nase wahrgenommenen Gerüche . . .; die von der Zunge wahrgenommenen Geschmacksreizungen . . .; und die vom Körper wahrgenommenen Berührungen, die erwünscht, beliebt, angenehm, erfreulich, wollustweckend und berückend sind. Das sind die fünferlei Sinnengenüsse, die in des Hohen Erziehungslehre Klotz und Fessel heißen. Dem Genuß dieser fünferlei Sinnenfreuden geben die dreivedenkundigen Brahmanen sich hin, in sie verstrickt, von ihnen betört, in ihnen befangen, blind gegen deren Bedenklichkeit und der Weisheit ermangelnd, die frei macht.

„Daß aber diese dreivedenkundigen Brahmanen, die ohne die Eigenschaften dahinleben, welche den wahren Brahmanen ausmachen, und die Eigenschaften annehmen und festhalten, welche den Brahmanen zum Nicht-Brahmanen machen, und die dem Genuß der fünferlei Sinnenfreuden sich hingeben, in sie verstrickt, von ihnen betört, in ihnen befangen, blind gegen deren Bedenklichkeit, und der Weisheit ermangelnd, die frei macht, daß die nach ihrem körperlichen Ende, dem Tode, zur Vereinigung mit Brahmā gelangten, das ist ganz ausgeschlossen.

„Noch ein anderes Gleichnis (will ich dir sagen), Vāseṭṭha. Stelle dir vor, dieser Fluß Aciravatī hier sei angeschwollen und bis obenhin voll, sodaß Krähen vom Uferrande aus daraus trinken können, und es käme dann jemand, der am anderen Ufer etwas zu tun hat, dorthin unterwegs ist und über den Fluß möchte, und der wollte sich am diesseitigen Ufer, bis über den Kopf eingewickelt, lang hinlegen, was denkst du, Vāseṭṭha, würde der wohl von diesem Ufer an’s andere kommen?“ „Nein, verehrter Gotama.“

„Vāseṭṭha, auch des Hohen Erziehungslehre kennt solche hindernden Einwicklungen, Hemmnisse, Bindungen, Umstrickungen, denn die bekannten fünf Hemmnisse können so genannt werden. Welches sind diese fünf? Die Hemmnisse der Sinnenlust, der Böswilligkeit, der Trägheit und Schlaffheit, der übertriebenen Ängstlichkeit und Unruhe, des Zweifels. Das sind die fünf Hemmnisse, die des Hohen Erziehungslehre kennt, die Einwickelungen, Hemmnisse, Bindungen oder Umstrickungen heißen können. Und von diesen fünf Hemmnissen sind die dreivedenkundigen Brahmanen umwickelt, gehemmt, umwunden, umstrickt. Daß sie, die ohne die Eigenschaften dahinleben, welche den wahren Brahmanen ausmachen, und die Eigenschaften annehmen und festhalten, welche einen Brahmanen zum Nicht-Brahmanen machen, von den fünf Hemmnissen umwickelt, gehemmt, umwunden und umstrickt, nach dem körperlichen Ende, dem Tode, zur Vereinigung mit Brahmā gelangen sollten, das ist doch ganz ausgeschlossen.

„Vāseṭṭha, was glaubst du aus dem Munde älterer und alter Bramanen, die deine Lehrer oder Lehrerslehrer waren, darüber vernommen zu haben: Hat Brahmā Interesse für Haus und Hof, Weib und Kind oder nicht?“ „Nein, verehrter Gotama.“

„Hat er ein gehässiges Gemüt oder ein friedfertiges?“ „Ein friedfertiges, verehrter Gotama.“ „Ist er böswillig oder gutmütig?“ „Gutmütig, verehrter Gotama.“

„Ist er reinen oder unreinen Herzens?“ „Reinen Herzens, verehrter Gotama.“ „Hat er einen stetigen Willen oder nicht?“ „Er hat ihn, verehrter Gotama.“

„Was meinst du nun aber dazu, Vāseṭṭha? Hängen die Brahmanen an Haus und Hof, Weib und Kind oder nicht?“ „Sie hängen daran, verehrter Gotama.“ „Sind sie gehässig oder friedfertig?“ „Gehässig“. „Sind sie böswillig oder gutmütig?“ „Böswillig“. „Unrein oder rein im Herzen?“ „Unrein“. „Stetigen Willens oder nicht?“ „Unstet im Willen“.

„Vāseṭṭha, so sind also, wie du zugestehst, die dreivedenkundigen Brahmanen versessen auf Haus und Hof, Weib und Kind, Brahmā aber nicht. Paßt das nun wohl zusammen: die Besitz und Familie schätzenden dreivedenkundigen Brahmanen und der besitz- und familienlose Brahmā?“ „Es paßt nicht zusammen, verehrter Gotama.“

„Gut, Vāseṭṭha! Daß also diese Besitz und Familie schätzenden dreivedenkundigen Brahmanen nach dem körperlichen Ende, dem Tode, zur Vereinigung mit dem besitz- und familienlosen Brahmā gelangen könnten, ist ausgeschlossen.“

„Und, Vāseṭṭha, die dreivedenkundigen Brahmanen sind deiner Aussage nach also gehässig, Brahmā aber ist friedfertig . . ., sie sind böswillig, Brahmā aber ist gütig . . ., sie sind unrein im Herzen, Brahmā aber ist rein . . ., sie sind schwankend im Willen, Brahmā ist stetig . . .. Paßt das nun wohl zusammen: die unsteten dreivedenkundigen Brahmanen und der stetige Brahmā?“ „Nein, das paßt nicht zusammen, verehrter Gotama.“

„Gut, Vāseṭṭha! Daß also diese unsteten dreivedenkundigen Brahmanen nach dem körperlichen Ende, dem Tode, zur Vereinigung mit dem stetigen Brahmā gelangen sollten, ist ausgeschlossen. In seiner Nähe sinken vielmehr die dreivedenkundigen Brahmanen in sich zusammen und verschwinden ganz, sie schrumpfen so zu sagen ein. Darum kann das Dreivedenwissen der dreivedenkundigen Brahmanen ein dürres Land, eine Wüste, ein Unheil heißen.“

Darauf sprach der junge Vāseṭṭha zum Erhabenen: „Verehrter Gotama, ich habe gehört, der Samaṇa Gotama kenne den Weg zu Brahmā, zur Vereinigung mit ihm.“

„Wie denkst du, Vāseṭṭha: liegt nicht Manasākaṭa in der Nähe, unweit von hier?“ „In der Tat, verehrter Gotama, es liegt in der Nähe, gar nicht weit von hier.“

„Vāseṭṭha, wie denkst du nun über folgendes? Stelle dir jemanden vor, der in Manasākaṭa geboren und aufgewachsen und erst jüngst von da weggekommen ist, und daß man den nach dem Wege fragt, der nach Manasākaṭa führt. Würde derselbe, in Manasākaṭa geboren und aufgewachsen, mit der Antwort auf die Frage nach dem Wege wohl zögern oder sich bedenken?“ „Sicher nicht, verehrter Gotama. Denn wenn jener Mensch in Manasākaṭa geboren und aufgewachsen ist, sind ihm alle Wege bei Manasākaṭa wohl vertraut.“

„Und doch, Vāseṭṭha, wäre es noch eher möglich, daß dieser in Manasākaṭa geborene und aufgewachsene Mensch mit der Antwort auf die Frage nach dem Wege, der nach Manasākaṭa führt, zögerte und sich bedächte, als daß der Tathāgata mit der Antwort zu zögern oder sich zu bedenken brauchte, wenn man ihn über die Welt des Brahmā befragt und über den Weg, der dahin führt. Vāseṭṭha, ich kenne Brahmā und die Welt des Brahmā und den Weg, der zur Welt des Brahmā führt, und auch, wie man wandeln muß, um in die Welt des Brahmā zu gelangen.“

Darauf sprach der junge Vāseṭṭha zum Erhabenen: „Verehrter Gotama, ich habe gehört, daß der Samaṇa Gotama den Weg weist, der zu Brahmā, zur Vereinigung mit ihm, führt. Wohlan, möge doch der verehrte Gotama uns diesen Weg weisen und die Brahmanen emporführen.“

„So höre denn, Vāseṭṭha, und achte wohl auf das, was ich sagen werde.“ „So sei es“, sagte der junge Vāseṭṭha zustimmend zum Erhabenen. Der Erhabene aber sprach:

„Vāseṭṭha, was deine Worte anbetrifft, (so kommt es zunächst darauf an, daß) ein Tathāgata in der Welt ersteht, ein vollendeter vollkommen Erleuchteter, kundig des rechten Wissens und des rechten Weges, ein Pfadvollender, ein Welterkenner, ein unvergleichlicher Menschenerzieher, ein Lehrer von Göttern und Menschen, ein erhabener Buddha. Der offenbart (das Wesen) dieser Welt samt der der Götter, Māra’s und Brahmā-Götter, (das Wesen) der Kreaturen einschließlich der Samaṇa’s, Brahmanen, Götter und Menschen, nachdem er es selbst erkannt und durchschaut hat. Er predigt die Lehre, die schön am Anfang, schön in der Mitte und schön am Ende ist, voll Bedeutung und Sorgfalt in der äußeren Form, den lückenlos vollständigen, reinen heiligen Wandel predigt er.

41–42(D. 2.41+42)

„Und worin, Vāseṭṭha, besteht die sittliche Zucht des Bhikkhu? Vāseṭṭha, darin besteht des Bhikkhu sittliche Zucht: Er enthält sich der Verletzung lebender Wesen, er hat ihr entsagt, . . . (D. 2.43–75)

„. . . und wenn er Behagen empfindet, gelangt auch sein Geist zur Konzentration . . . (D. 2.75)

„Er durchdringt mit seiner liebevollen Gesinnung (erst) eine Himmelsgegend, (dann) ebenso die zweite, dritte und vierte. Und so durchdringt er nach oben und unten und horizontal die ganze Welt an allen Stellen vollständig mit umfassender, großer, alles Maß überschreitender friedfertiger liebevoller freundlicher Gesinnung.

„Wie, Vāseṭṭha, ein kräftiger Muschelbläser alle vier Himmelsgegenden mühelos mit dem Schall durchdringt, so bleibt keine Schranke für die Entfaltung solcher liebevollen Gesinnung, die den Geist (von der Begrenztheit des Individuums) erlöst. Vāseṭṭha, das ist der Weg, der zu Brahmā, zur Vereinigung mit ihm, führt.

„Vāseṭṭha, ein solcher Bhikkhu durchdringt auch mit mitleidsvoller Gesinnung . . .‘, mit gütiger Gesinnung . . .‘, mit Gleichmut . . .

„. . . Vāseṭṭha, auch das ist der Weg zu Brahmā, zur Vereinigung mit ihm.

„Was meinst du nun, Vāseṭṭha? Hat der Bhikkhu, der so sich verhält, Interesse für die kleinlichen Dinge des alltäglichen Lebens oder nicht?“ „Nein, verehrter Gotama“. „Ist er gehässig oder friedfertig?“ „Friedfertig, verehrter Gotama.“ „Böswillig oder gutmütig?“ „Gutmütig, verehrter Gotama.“ „Unreinen oder reinen Herzens?“ „Reinen Herzens, verehrter Gotama.“ „Stet oder unstet im Willen?“ „Steten Willens, verehrter Gotama.“

„So ist denn, Vāseṭṭha, wie du zugestehst, ein solcher Bhikkhu ohne Interesse für die kleinlichen Dinge des alltäglichen Lebens, und auch Brahmā ist es. Paßt das zusammen: ein für irdischen Besitz interesseloser Bhikkhu und der für irdischen Besitz interesselose Brahmā?“ „Ja, verehrter Gotama.“ „Gut, Vāseṭṭha. Daß also ein solcher für Irdisches uninteressierter Bhikkhu nach seinem körperlichen Ende, nach dem Tode, zur Vereinigung mit dem von irdischen Sorgen unberührten Brahmā gelangen kann, diese Möglichkeit ist vorhanden.

„Und so ist, Vāseṭṭha, ein solcher Bhikkhu ebenso wie Brahmā friedfertig . . ., gutmütig . . ., reinen Herzens . . ., stetig im Willen. Paßt das zusammen: ein willensstetiger Bhikkhu und der stetige Brahmā?“ „Ja, verehrter Gotama.“ „Gut, Vāseṭṭha! Daß also ein solch stetiger Bhikkhu nach seinem körperlichen Ende, nach dem Tode, zur Vereinigung mit dem stetigen Brahmā gelangen kann, diese Möglichkeit ist vorhanden.“

Als er geendet, sprachen die Jünglinge Vāseṭṭha und Bhāradvāja zum Erhabenen: „Vortrefflich, verehrter Gotama, ganz vortrefflich, verehrter Gotama! Wie man etwas Umgestürztes aufrichtet, etwas Verschleiertes enthüllt, einem Verirrten den Weg weist oder eine Öllampe bringt, wenn es finster ist, damit Leute, die über Augen verfügen, die Dinge sehen können, geradeso hat der verehrungswürdige Gotama auf mancherlei Weise die Lehre verkündet.

Daher nehmen wir unsere Zuflucht bei dem Herrn Gotama, bei seiner Lehre und der Bhikkhu-Gemeinde; als Laiengläubige, die heute für ihr ganzes Leben ihre Zuflucht bei ihm genommen haben, wolle der Erhabene uns ansehen!“

Ende des Tevijja-Sutta.