Dīgha Nikāya 3

Ambaṭṭha Sutta

Die Unterredung mit dem jungen Brahmanen Ambaṭṭha

Kapitel 1.

So habe ich berichten hören.

Einst gelangte der Erhabene, als er mit einer großen Bhikkhu-Schar—es waren fünfhundert Bhikkhu’s—durch das Land der Kosala wanderte, zu einem Brahmanendorfe im Kosala-Lande, das hieß Icchānaṅkala. Dort blieb er im Walde von Icchānaṅkala. Damals wohnte der Brahmane Pokkharasāti in Ukkaṭṭhā, einem Orte reich an Einwohnern und Vieh, an Weiden, Holz, Wasser und Getreide. Dieser Ort war königliche Domaine, aber aus königlicher Gnade vom Kosala-König Pasenadi als unwiderrufliche Schenkung ihm übertragen.

Dieser Brahmane Pokkharasāti hörte: „Ein Samaṇa Gotama aus dem Hause der Sakya’s hat das Leben in seiner Familie mit dem Asketenstande vertauscht; der ist auf seiner Wanderung durch das Kosala-Land mit einer großen Bhikkhu-Schar—es sollen fünfhundert Bhikkhu’s sein—nach Icchānaṅkala gekommen und hält sich dort im Walde von Icchānaṅkala auf. Über diesen Herrn Gotama ergeht man sich überall in glänzenden Ruhmesworten dieser Art: ‚Wahrlich, er ist der Erhabene, der vollendete vollkommen Erleuchtete, kundig des rechten Wissens und des rechten Weges, der Pfadvollender, der Welterkenner, der unvergleichliche Menschenerzieher, der Lehrer von Göttern und Menschen, der erhabene Buddha‘. Der offenbart (das Wesen) dieser Welt samt der der Götter, Māra’s und Brahmā-Götter, (das Wesen) der Kreaturen einschließlich der Samaṇa, Brahmanen, Götter und Menschen, nachdem er es selbst erkannt und durchschaut hat. Er predigt die Lehre, die schön am Anfang, schön in der Mitte und schön am Ende ist, voll Bedeutung und voll Sorgfalt in der äußeren Form, die lückenlos vollständige, reine heilige Lebensführung verkündet er. Der bloße Blick eines solchen Vollendeten ist schon etwas Schönes“.

Nun hatte der Brahmane Pokkharasāti zum Schüler damals gerade einen Jüngling aus dem Geschlechte der Ambaṭṭha, der den Studien ergeben, in den vedischen Versen und Sprüchen beschlagen und mit dem Studium aller drei Veden, der synonymischen Wortverzeichnisse, Hilfsbücher und philologischen Technik und fünftens der Legendenwerke schon fertig, in der Grammatik bewandert und in der logisch beweisenden Natur- und Welterklärung und der Lehre von den charakteristischen Körpermerkmalen der „Großen“ lückenlos beschlagen war, und dem der Lehrer selbst mit den Worten: „Du weißt ebenso viel wie ich, ich weiß nichts weiter als du“ das Zeugnis der vollkommenen Vertrautheit mit seiner eigenen Drei-Veden-Lehre ausstellte.

Da sprach der Brahmane Pokkharasāti zum jungen Ambaṭṭha: „Lieber Ambaṭṭha, da ist jener Samaṇa Gotama . . . Bitte, lieber Ambaṭṭha, geh hin zum Samaṇa Gotama und sieh ihn dir darauf hin an, ob es mit ihm in der Tat sich so verhält, wie die Mär von ihm berichtet, oder nicht, ob er wirklich so einzigartig ist oder nicht. Danach will ich mich dann in meinem Urteil über den Herrn Gotama richten.“

„Aber wie soll ich denn richtig beurteilen, ob es mit dem Herrn Gotama in der Tat sich so verhält, wie die Mär von ihm berichtet, oder nicht, ob er wirklich ein so großer Mann ist oder nicht?“ „Lieber Ambaṭṭha, es sind uns aus den überlieferten Versen zweiunddreißig Körpermerkmale eines ‚Großen‘ bekannt. Dem ‚Großen‘, der diese besitzt, stehen zwei Schicksalswege offen und keiner sonst. Wenn er im weltlichen Leben bleibt, wird er ein weltherrschender König werden, ein gerechter König des Rechtes, der bis an die vier Enden der Welt gebietet, ein siegreicher Eroberer, der in seinem Lande gesicherte Zustände schafft und der die sieben Kostbarkeiten besitzt. Dies sind seine sieben Kostbarkeiten: das Rad, der (weiße Staats-) Elefant, das (Staats-) Roß, das Juwel, das Weib, der Hausmeier (?) und als siebente der Feldmarschall. Mehr als tausend heldenhafte Söhne, Hünen von Gestalt, werden ihm zuteil, die die feindlichen Heere zerschmettern. Er beherrscht diese ganze Erde bis an den Ozean, der sie umgibt, ohne Gewalt und ohne Schwertstreich, nur durch Gerechtigkeit. Wenn er aber dem Leben im Hause entsagt und als Asket in die Heimlosigkeit geht, so wird er ein vollendeter vollkommen Erleuchteter werden, dessen Auge unverschleiert das Wesen der Welt durchschaut. Ambaṭṭha, ich habe dich diese Verse ja gelehrt, und du lerntest sie von mir.“

„Ja, Herr“, erwiderte willig der junge Ambaṭṭha dem Brahmanen Pokkharasāti, stand von seinem Sitze auf, grüßte ihn ehrerbietig, ging nach rechts um ihn herum, bestieg einen mit Stuten bespannten Wagen und fuhr mit einer Schar junger Burschen zum Icchānaṅkala- Walde. So weit der Weg fahrbar war, benutzte er den Wagen, dann stieg er ab und ging zu Fuß auf das Asketenheim zu.

Es erging sich gerade eine Anzahl Bhikkhu’s im Freien. Da trat der junge Ambaṭṭha zu ihnen und fragte sie: „Verehrte, wo mag sich der Herr Gotama jetzt aufhalten? Wir kommen ihn zu besuchen.“

Da dachten die Bhikkhu’s bei sich: „Dieser junge Ambaṭṭha stammt aus angesehener Familie und ist der Schüler des berühmten Brahmanen Pokkharasāti. Mit so feinen jungen Herren sich zu unterhalten wird dem Erhabenen nicht unangenehm sein“, und sie sprachen zum jungen Ambaṭṭha: „Ambaṭṭha, dort ist seine Wohnung. Die Tür ist aber verschlossen. Geh also, ohne Geräusch zu machen, mit behutsamen Schritten auf die Veranda, räuspere dich und schlage gegen den Türriegel, dann wird der Erhabene dir aufmachen.“

Da ging der junge Ambaṭṭha geräuschlos auf die verschlossene Tür der Wohnung zu, betrat, behutsam die Schritte setzend, die Veranda, räusperte sich und klopfte an den Türriegel. Der Erhabene öffnete die Tür, und der junge Ambaṭṭha trat ein. Auch die übrigen jungen Burschen traten ein, tauschten mit dem Erhabenen die üblichen freundlichen Begrüßungen und höflichen Fragen nach dem Befinden und ließen sich dann etwas abseits nieder. Der junge Ambaṭṭha aber führte seine Unterhaltung mit dem Erhabenen in der Weise, daß er noch so höfliche Wendungen bald hin und herlaufend und bald stehend vorbrachte, während der Erhabene sich nicht vom Sitze rührte.

Da sprach der Erhabene zum jungen Ambaṭṭha: „Ambaṭṭha, sprichst du in derselben Weise auch mit älteren oder alten brahmanischen Lehrern und Lehrers-Lehrern wie mit mir, daß du die vom Anstand vorgeschriebenen Fragen stellst, indem du bald hin und her läufst und bald stehst, während ich doch hier auf ein und derselben Stelle sitze?“

„Keineswegs, verehrtester Gotama. Ein Brahmane muß sich mit einem Brahmanen gehend unterhalten, wenn dieser geht, stehend, wenn er steht, sitzend, wenn er sitzt, liegend, wenn er liegt. Was aber, verehrter Gotama, die erbärmlichen kahlgeschorenen Samaṇa’s anbetrifft, diese protzigen Bauern (?) und (doch zugleich) unreinen Kastenlosen, mit denen pflege ich mich so zu unterhalten wie mit dem verehrten Gotama.“

„Dein Kommen hatte doch wohl einen Zweck, Ambaṭṭha? Rufe dir ordentlich in’s Gedächtnis, weswegen ihr eigentlich gekommen seid!—Der junge Ambaṭṭha ist ungebildet, denn was ist es anderes als Unbildung, wenn man wegen seiner Erziehung aufgeblasen ist?“

Über diese Bezeichnung als „ungebildet“ von seiten des Erhabenen wütend und aufgebracht fing der junge Ambaṭṭha an, den Erhabenen zu verhöhnen, zu schmähen und herabzusetzen und sprach in der Absicht, es dem Erhabenen schlimm zu geben, zum Erhabenen: „Roh, grob und leicht erregbar ist die Sakya-Sippe, eine wüste Gesellschaft. Sie benehmen sich wie protziges Bauernvolk, es fällt ihnen nicht ein, Brahmanen mit Anstand, würdig und hochachtungsvoll zu behandeln, zu ehren und zu respektieren. Es ist unpassend und unschicklich, verehrtester Gotama, daß die Sakya’s, diese protzigen Bauern, die Brahmanen nicht mit Anstand, würdig und hochachtungsvoll behandeln . . .“ Das war des jungen Ambaṭṭha erste Beschuldigung der Sakya’s, daß sie protziges Bauernvolk seien.

„Was haben dir die Sakya’s denn getan, Ambaṭṭha?“

„Verehrtester Gotama, ich kam einmal mit irgend einem Auftrage meines Lehrers, des Brahmanen Pokkharasāti, nach Kapilavatthu und dort in das Rathaus der Sakka’s. In diesem Rathause befand sich gerade eine Anzahl älterer und jüngerer Sakya’s. Sie saßen auf hohen Sitzen und lachten zusammen und machten sich lustig, wobei sie mit den Fingern einander anstießen. Ich bin fest überzeugt, sie lachten über mich. Und keiner forderte mich auf, Platz zu nehmen. Es ist unpassend und unschicklich, verehrtester Gotama, daß die Sakya’s, diese protzigen Bauern, . . ..“ Das war des jungen Ambaṭṭha zweite Beschuldigung der Sakka’s, daß sie protzige Bauern seien.

„Ambaṭṭha, sogar ein kleiner Vogel wie die Wachtel singt im eigenen Neste so wie es ihm gefällt. Kapilavatthu aber, Ambaṭṭha, ist der Sakya’s eigenes Heim; der Fall ist also belanglos, und du hast keinen Grund, dich darüber aufzuregen.“

„Verehrtester Gotama, es gibt diese vier Kasten: Khattiya’s, Brahmanen, Vessa’s und Sudda’s. Von diesen vier sind drei, die Khattiya’s, Vessa’s und Sudda’s, zweifellos dazu da, der Brahmanenkaste zu dienen. Es ist unpassend und unschicklich, verehrtester Gotama, daß die Sakya’s, diese protzigen Bauern . . ..“ Das war des jungen Ambaṭṭha dritte Beschuldigung der Sakka’s, daß sie protzige Bauern seien.

Da dachte der Erhabene bei sich: „Es ist doch ein starkes Stück, wie dieser jugendliche Ambaṭṭha die Sakka’s zu erniedrigen sucht mit dem Vorwurfe, sie seien protzige Bauern. Ich will doch einmal ihn nach seinem Stammbaume fragen!“ Und der Erhabene fragte den jungen Ambaṭṭha: „Ambaṭṭha, welches ist dein Stammbaum?“

„Ich bin ein Kaṇhāyana, verehrtester Gotama.“

„Ambaṭṭha, wenn man deinen Stammbaum auf Mutter- und Vater-Seite bis auf den Ursprung zurückverfolgt, so weiß man, daß die Sakya’s deine Herren sind; du bist der Nachkomme einer Sklavin von ihnen. Die Sakya’s setzen als ihren Urahn den König Okkāka an. Vor Zeiten vertrieb König Okkāka, weil er die Nachfolge in der Herrschaft dem Sohne seiner Lieblingsgattin zuwenden wollte, seine älteren Söhne Okkāmukha, Karaṇḍu, Hatthinīya und Sīnipura aus dem Lande. Die Verbannten fanden an den Abhängen des Himālaya am Ufer eines Teiches ein großes Gehölz von Sāka-Bäumen und wählten dieses als Stätte ihres Aufenthaltes. Und aus Furcht vor einer Befleckung ihres Stammbaumes wohnten sie ihren eigenen Schwestern bei.

„Eines Tages fragte König Okkāka die Minister und Höflinge, die um ihn waren: ‚Ihr Herren, wo mögen sich jetzt wohl die Prinzen befinden?‘ „‚Herr, an den Abhängen des Himālaya steht am Ufer eines Teiches ein großes Gehölz von Sāka-Bäumen. In dem wohnen jetzt die Prinzen. Und aus Furcht vor einer Befleckung ihres Stammbaumes wohnen sie ihren eigenen Schwestern bei‘.

„Da machte König Okkāka seiner Bewegung in dem Ausrufe Luft: ‚Sākawald-Bewohner sind die Prinzen, im höchsten Sinne Eigen-Herren sind sie‘. „Seitdem, Ambaṭṭha, sind sie unter dem Namen Sakya’s bekannt. Jener (Okkāka) war ihr Urahn. König Okkāka hatte nun aber auch eine Sklavin namens Disā. Diese gebar einen ganz schwarz aussehenden Knaben. Kaum geboren rief dieser Kaṇha: ‚Wascht mich, Mutter, badet mich, Mutter, reinigt mich von diesem Unrat, ich will euch Heil bringen‘. Ambaṭṭha, während man jetzt die Teufel unter dem Namen ‚Teufel‘ kennt, nannten die Leute von damals sie ‚Kaṇha‘. Sie sprachen: ‚Eben geboren redet dieser. Ein Schwarzer ist geboren, ein Teufel ist geboren,‘ Ambaṭṭha, seitdem kennt man den Namen der Kaṇhāyana’s. Jener war der Urahn der Kaṇhāyana’s. Wenn man also deinen Namen und Stammbaum auf Mutter- und Vater-Seite bis auf den Ursprung zurückverfolgt, so weiß man, daß die Sakya’s deine Herren sind, und daß du der Nachkomme einer Sklavin von ihnen bist.“

Kaum hatte der Erhabene so gesprochen, da ergriffen die anderen jungen Burschen das Wort: „Verehrtester Gotama, demütige doch den jungen Ambaṭṭha nicht so grausam mit dem Vorwurfe der Herkunft von einer Sklavin, der junge Ambaṭṭha ist hochwohlgeboren, aus guter Familie, sehr unterrichtet, ein guter Redner, ein kluger Kopf und ist wohl imstande, mit dem Herrn Gotama über dieses Thema zu diskutieren.“

Da sprach der Erhabene zu diesen jungen Burschen: „Knaben, wenn ihr die Ansicht habt, der junge Ambaṭṭha sei von niedriger Geburt, aus geringer Familie, wenig unterrichtet, ein schlechter Redner, ohne Verstand und unfähig, mit mir über diese Dinge zu diskutieren, dann nehmt keine Rücksicht auf den jungen Ambaṭṭha, sondern erörtert ihr dieses Thema mit mir! Wenn ihr aber der Ansicht seid, der junge Ambaṭṭha sei hochwohlgeboren, aus guter Familie ..., dann bleibt ihr bei Seite und laßt den jungen Ambaṭṭha mit mir reden!“

„Verehrter Gotama, der junge Ambaṭṭha ist hochwohlgeboren, aus guter Familie . . .. Wir anderen werden still sein. Der junge Ambaṭṭha mag mit dem Herrn Gotama dieses Thema erörtern.“

Da sprach der Erhabene zum jungen Ambaṭṭha: „Ambaṭṭha, jetzt werde ich dir eine Frage vorlegen, bei der es einfach auf die Tatsachen ankommt, beantworte sie leidenschaftslos! Wenn du sie mir nicht beantworten wirst oder antworten, als ob ich etwas ganz anderes gefragt hätte, oder auch dich ausschweigen oder davon zu gehen versuchen wirst, wird dir auf der Stelle der Schädel in sieben Teile zerspringen. Ambaṭṭha, was glaubst du aus dem Munde älterer und alter Brahmanen, die deine Lehrer oder Lehrers-Lehrer waren, darüber vernommen zu haben, woher die Kaṇhāyana’s stammen und wer ihr Urahn gewesen sei?“

Der junge Ambaṭṭha schwieg hierauf. Zum zweiten Male fragte der Erhabene den jungen Ambaṭṭha: „Ambaṭṭha, was glaubst du aus dem Munde . . .“ Der junge Ambaṭṭha schwieg wiederum. Da sprach der Erhabene zum jungen Ambaṭṭha: „Antworte jetzt, Ambaṭṭha, es ist nicht mehr an der Zeit zu schweigen! Wenn jemand, vom Tathāgata dreimal nach Tatsachen gefragt, nicht antwortet, dann zerspringt ihm auf der Stelle der Kopf in sieben Teile.“

In demselben Augenblicke stand der Geist Vajirapāṇi mit einem großen Klumpen glühenden, flammenden und leuchtenden Erzes in der Luft über dem jungen Ambaṭṭha mit der Absicht, ihm den Schädel in sieben Teile zu zerschmettern, wenn er, vom Erhabenen zum dritten Male nach den Tatsachen gefragt, die Frage nicht beantworten würde. Nur der Erhabene und der junge Ambaṭṭha sahen ihn. Der junge Ambaṭṭha geriet bei diesem Anblick in Angst und Schrecken, ein Schauder überlief ihn, und da er nur noch vom Erhabenen Rettung, Sicherheit und Schutz erhoffte, kauerte er sich zu seinen Füßen nieder und fragte: „Was sagte doch der Herr Gotama? Wolle der Herr Gotama es noch einmal wiederholen!“

„Ambaṭṭha, was glaubst du aus dem Munde älterer und alter Brahmanen, die deine Lehrer oder Lehrers-Lehrer waren, darüber vernommen zu haben, woher die Kaṇhāyana’s stammen und wer ihr Urahn gewesen sei?“

„Verehrter Gotama, was ich gehört habe, ist genau das, was der Herr Gotama gesagt hat: daß die Kaṇhāyana’s jenen angegebenen Ursprung haben und daß jener (Sklavin-Sohn) ihr Urahn war,“

Kaum hatte er das Wort ausgesprochen, da lärmten und tobten die übrigen jungen Burschen laut und schrieen: „Da ist der junge Ambaṭṭha also doch von niederer Herkunft, aus geringer Familie, ein Sklavinsohn der Sakya’s, und die Sakya’s sind die Herren des jungen Ambaṭṭha, der Samaṇa Gotama sprach die reine Wahrheit, und wir hielten es für angebracht, ihn zu kränken.“

Da dachte der Erhabene bei sich: „Es geht zu weit, wie diese Burschen den jungen Ambaṭṭha mit dem Vorwurfe demütigen, daß er der Sohn einer Sklavin ist, ich will dem abhelfen.“ Und der Erhabene sprach zu den Burschen: „Knaben, demütigt doch den jungen Ambaṭṭha nicht zu hart mit dem Vorwurfe, daß er der Sohn einer Sklavin sei. (Wisset, daß) jener Kaṇha dann ein großer Heiliger wurde. Er ging nach dem Dekkhan, studierte die heiligen Zaubersprüche und trat dann wieder vor Okkāka und hielt um dessen Tochter Khuddarūpi an. Der König schrie: ‚Was ist das für ein (frecher Mensch), der als Sklavinsohn es wagt, um meine Tochter Khuddarūpi zu werben!‘ und legte, hingerissen von Wut und Empörung, einen Pfeil auf seinen Bogen. Aber er konnte ihn weder abschießen noch wieder abnehmen. Da liefen die Pagen, die Minister und Höflinge zum Heiligen Kaṇha und flehten ihn an: ‚Schonung, Herr, für den König, Schonung für den König!‘ ‚Es soll dem Könige nichts geschehen, aber wenn der König den Pfeil nach unten abschießen wird, wird er die Erde spalten, soweit sein Reich sich erstreckt‘. ‚Schonung, Herr, für den König und Schonung für das Land!‘ ‚Es soll weder dem Könige noch dem Lande etwas geschehen, aber wenn der König den Pfeil nach oben abschießen wird, dann wird es, soweit des Königs Reich sich erstreckt, sieben Jahre lang nicht regnen!‘ ‚Schonung, Herr, für den König, Schonung für das Land, und laß es regnen!‘ ‚Es soll weder dem Könige noch dem Lande etwas geschehen, und es soll regnen, aber der König muß den Pfeil auf den Kronprinzen richten, dem Prinzen wird nichts geschehen, und sein Behagen wird nicht gestört werden‘. Da redeten die Pagen und Minister dem Okkāka zu, er möge den Pfeil auf den Kronprinzen richten, dem Prinzen werde ja nichts geschehen, er werde in seinem Behagen gar nicht gestört werden. Und der König Okkāka richtete den Pfeil wirklich auf den Kronprinzen, und diesem geschah nichts, und sein Behagen wurde nicht gestört. Da war König Okkāka durch den Zorn des wunderkräftigen Heiligen doch eingeschüchtert und bewilligte ihm seine Tochter Khuddarūpi. Knaben, demütigt also den jungen Ambaṭṭha nicht zu rücksichtslos mit dem Vorwurfe, daß er der Sohn einer Sklavin sei. Jener Kaṇha war ein großer Heiliger.“

Dann fragte der Erhabene den jungen Ambaṭṭha: „Was meinst du, Ambaṭṭha, zu dem Falle, daß ein adliger Jüngling einem brahmanischen Mädchen beiwohnt und daß aus ihrer Vereinigung ein Sohn hervorgeht,—würde ein Sohn von solcher Herkunft bei den Brahmanen Sitz oder Wasser angeboten erhalten?“ „Ja, verehrter Gotama.“ „Würden die Brahmanen ihn auch am Mahle teilnehmen lassen, sei es ein Totenmahl, oder ein Koch-Opfer, ein Opfermahl, oder ein Gastmahl?“ „Ja, verehrter Gotama, sie würden ihn teilnehmen lassen.“ „Würden die Brahmanen ihn auch ihre heiligen Verse lehren, oder nicht?“ „Ja, sie würden sie ihn lehren, verehrter Gotama.“ „Würden sie eine Scheidewand zwischem ihm und ihren Mädchen aufrichten, oder nicht?“ „Sie würden es nicht, verehrter Gotama.“

„Würden aber die Adligen ihn auch der Khattiya-Salbung für würdig halten?“ „Das freilich nicht, verehrter Gotama.“ „Warum nicht?“ „Weil er von Mutterseite nicht ebenbürtig ist.“

„Was meinst du, Ambaṭṭha, aber zu dem Falle, daß ein Brahmanen-Jüngling einem adligen Mädchen beiwohnt und daß aus ihrer Vereinigung ein Sohn hervorgeht,—würde ein Sohn von solcher Herkunft bei den Brahmanen Sitz oder Wasser angeboten erhalten?“ „Ja, verehrter Gotama.“ „Würden die Brahmanen ihn auch am Mahle teilnehmen lassen?“ . . . „Würden aber die Adligen ihn auch der Königs-Salbung für würdig halten?“ „Das freilich nicht, verehrter Gotama.“ „Warum nicht?“ „Weil er von Vater-Seite nicht ebenbürtig ist.“

„So stehen also, Ambaṭṭha, in der Tat, mag man nun das weibliche Geschlecht mit dem weiblichen oder das männliche mit dem männlichen vergleichen, die Adligen über den Brahmanen.

„Wie denkst du ferner, Ambaṭṭha, über den Fall, daß die Brahmanen einen der Ihren wegen irgend eines Vergehens kahlscheren, mit dem Aschenbeutel stäupen und dann aus dem Lande oder der Stadt verbannen würden? Würde ein solcher bei den Brahmanen noch Sitz oder Wasser angeboten erhalten?“ „Mitnichten, verehrter Gotama.“ „Würden die Brahmanen ihn an ihrem Mahle teilnehmen lassen, sei es ein Totenmahl, oder ein Koch-Opfer, ein Opfermahl oder ein Gastmahl?“ „Mitnichten, verehrter Gotama.“ „Würden die Brahmanen ihn noch ihre heiligen Verse lehren oder nicht?“ „Mitnichten, verehrter Gotama.“ „Würden sie eine Scheidewand zwischen ihm und ihren Mädchen aufrichten oder nicht?“ „Ja, sie würden es, verehrter Gotama.“

„Ambaṭṭha, wie denkst du nun aber über den Fall, daß die Adligen einen der Ihren wegen irgend eines Vergehens kahlscheren, mit dem Aschenbeutel stäupen und dann aus dem Lande oder der Stadt verbannen? Würde ein solcher bei den Brahmanen noch Sitz oder Wasser erhalten?“ „Allerdings, verehrter Gotama.“ „Würden die Brahmanen ihn an ihrem Mahle teilnehmen lassen, sei es . . .“ „Allerdings, verehrter Gotama.“ „Würden die Brahmanen ihn noch ihre heiligen Verse lehren oder nicht?“ „Ja, sie würden es, verehrter Gotama.“ „Würden sie eine Scheidewand zwischen ihm und ihren Mädchen aufrichten?“ „Nein, verehrter Gotama.“ „Ambaṭṭha, ein solcher Adliger ist aber so außerordentlich tief gesunken, daß die Adligen ihn kahlgeschoren, mit dem Aschenbeutel gestäupt und aus dem Lande oder der Stadt verbannt haben! Demnach stehen also selbst dann noch, wenn ein Adliger so außerordentlich tief gesunken ist, die Adligen über den Brahmanen!

„Ambaṭṭha! Brahmā Sanaṃkumāra hat diese Strophe gesprochen:

‚Der Adel alles überragt,
Was nach Geburt und Stammbaum fragt;
Wem Weg und Wissen eigen ist.
Mit dem nicht Mensch noch Gott sich mißt.‘

„Ambaṭṭha, diese von Brahmā Sanaṃkumāra vorgetragene Strophe ist ganz am Platze und nicht zu Unrecht gesprochen, sie ist vernünftig, an ihrem Inhalt ist nichts auszusetzen, ich billige sie durchaus. Ambaṭṭha, auch ich behaupte:

‚Der Adel alles überragt,
Was nach Geburt und Stammbaum fragt;
Wem Weg und Wissen eigen ist.
Mit dem nicht Mensch noch Gott sich mißt.‘

Ende des ersten Abschnittes.

Kapitel 2.

„Verehrter Gotama, welches ist denn aber der Weg und das Wissen?“ „Ambaṭṭha, wer im vollkommenen Besitze des Wissens und des Weges ist, für den gibt es gar nicht die Begriffe Kaste und Stammbaum und Worte des dünkelhaften Wahnes wie: ‚Du reichst an mich heran oder nicht‘. Wo jemand freit oder gefreit wird, da gibt es solche Begriffe und Redensarten des Wahnes. Die an solchen Begriffen und an solchem Wahne, an Freien und Gefreitwerden hängen, die sind weit entfernt von diesem höchsten Besitze des Wissens und des Weges. Erst wenn man aus solcher Verstrickung sich gelöst hat, gelangt man zu diesem Besitz.“

„Verehrter Gotama, worin besteht denn aber dieser Weg und dieses Wissen?“ „Ambaṭṭha, was das anbetrifft, so muß zunächst einmal in der Welt ein Tathāgata erstehen . . .

„. . . so, Ambaṭṭha, verhält es sich mit einem Bhikkhu, der sittliche Zucht besitzt . . ., erreicht er die erste Stufe der Versenkung und hält sie fest. Das ist für ihn ein Teil des Weges . . ., . . . erreicht er die vierte Stufe der Versenkung und hält sie fest. Auch das ist für ihn ein Teil des Weges.

„Das, Ambaṭṭha, ist also der Weg ..., wendet er den Geist hin und richtet ihn auf das erkennende Schauen . . . Das ist ein Teil des (rechten) Wissens . . . , es gibt keine Wiedergeburt. Auch das ist ein Teil des (rechten) Wissens.

„Das, Ambaṭṭha, ist also das rechte „Wissen.

„Ambaṭṭha, ein solcher Bhikkhu heißt ein Vollbesitzer des Wissens, ein Vollbesitzer des Weges, ein Vollbesitzer des Wissens und des Weges. Und einen anderen, höheren oder erhabeneren Vollbesitz des Wissens und Weges gibt es nicht.

„Wohl aber gibt es, Ambaṭṭha, an Stelle dieses höchsten Besitzes des (rechten) Wissens und Weges vier Irrwege. Welche vier sind das? Wenn ein Samaṇa oder Brahmane, der diesen höchsten Besitz des Wissens und Weges noch nicht erreicht hat, das Trageholz mit seinen Habseligkeiten auf die Schulter nimmt und in unbewohnter Gegend sich in den Wald zurückzieht, um dort von heruntergefallenen Früchten zu leben, so ist er zweifellos zu nichts Besserem geeignet als zum Diener dessen, der das (rechte) Wissen und den (rechten) Weg besitzt. Das, Ambaṭṭha, ist der erste Irrweg an Stelle dieses höchsten Besitzes des (rechten) Wissens und Weges.

„Wenn ferner ein Samaṇa oder Brahmane, der diesen höchsten Besitz des Wissens und Weges noch nicht erreicht hat und auch noch nicht zu dem Entschlusse gelangt ist, nur von heruntergefallenen Früchten zu leben, Spaten und Tragkorb nimmt und in unbewohnter Gegend sich in den Wald zurückzieht, um dort von (ausgegrabenen und gesammelten) Knollen, Wurzeln und Früchten zu leben, so ist auch er zweifellos zu nichts Besserem geeignet als zum Diener dessen, der das (rechte) Wissen und den (rechten) Weg besitzt. Das, Ambaṭṭha, ist der zweite Irrweg . . .

„Wenn ferner, Ambaṭṭha, ein Samaṇa oder Brahmane, der diesen höchsten Besitz des Wissens und Weges noch nicht erreicht hat und auch noch nicht zu dem Entschlusse gelangt ist, nur von heruntergefallenen Früchten zu leben, oder von (ausgegrabenen und gesammelten) Knollen, Wurzeln und Früchten, in der Nähe eines Dorfes oder einer kleinen Stadt einen Feuer-Altar errichtet und dem Feuer-Kult obliegt, so ist auch ein solcher zweifellos zu nichts Besserem geeignet als zum Diener dessen, der das (rechte) Wissen und den (rechten) Weg besitzt. Das, Ambaṭṭha, ist der dritte Irrweg . . .

„Und wenn ferner, Ambaṭṭha, ein Samaṇa oder Brahmane, der diesen höchsten Besitz des Wissens und des Weges noch nicht erreicht hat, auch noch nicht zu dem Entschluß gelangt ist, von heruntergefallenen Früchten oder von (ausgegrabenen und gesammelten) Knollen, Wurzeln und Früchten zu leben, und nicht dem Feuer-Kulte sich gewidmet hat, an einer Wegkreuzung ein Haus mit je einer Tür nach jeder der vier Himmelsrichtungen baut und sich darin niederläßt mit der Absicht, jeden vorbeiwandernden Samaṇa oder Brahmanen, mag er kommen, aus welcher der vier Himmelsrichtungen er will, nach Kräften und Vermögen (mit Speise und Trank) zu pflegen, so ist schließlich auch ein Solcher sicherlich zu nichts Besserem geeignet als zum Diener dessen, der das (rechte) Wissen und den (rechten) Weg besitzt. Das ist der vierte Irrweg . . .

„Ambaṭṭha, das sind die vier Irrwege an Stelle des höchsten Besitzes des (rechten) Wissens und Weges.

„Was meinst du, Ambaṭṭha? Darf man dich ansehen als einen, der dank dem Unterricht seines Lehrers im höchsten Besitz dieses (rechten) Wissens und Weges ist?“

„Mitnichten, verehrter Gotama! Was bin ich mit allem von meinem Lehrer überkommenen Wissen gegenüber dem höchsten Besitz des (rechten) Wissens und Weges? Verehrter Gotama, wie weit bin ich mit ihm davon entfernt!“

„Und was meinst du dazu, Ambaṭṭha? Hast du, da du diesen höchsten Schatz des (rechten) Wissens und Weges noch nicht erreicht hast, getrieben von der Lehre deines Meisters wenigstens das Tragholz mit deinen Habseligkeiten auf die Schulter genommen und in unbewohnter Gegend dich in den Wald zurückgezogen, um von heruntergefallenen Früchten zu leben?“ „Nein, verehrter Gotama.“

„Was sagst du dann dazu, Ambaṭṭha? Hast du, da du diesen höchsten Schatz des (rechten) Wissens und Weges noch nicht erreicht hast und da du auch nicht dazu gelangt bist, nur von heruntergefallenen Früchten zu leben, getrieben von der Lehre deines Meisters vielleicht Spaten und Tragkorb auf den Rücken genommen und hast in unbewohnter Gegend dich in den Wald zurückgezogen, um von (ausgegrabenen und gesammelten) Knollen, Wurzeln und Früchten zu leben?“ „Nein, verehrter Gotama.“

„Und was sagst du dazu, Ambaṭṭha? Hast du, da du . . ., da du . . ., da du . . ., getrieben von der Lehre deines Meisters in der Nachbarschaft eines Dorfes oder einer kleinen Stadt einen Feueraltar errichtet und dich dem Feuerkult gewidmet?“ „Nein, verehrter Gotama.“

„Was sagst du dann dazu, Ambaṭṭha? Hast du, da du . . ., da du . . ., da du . . ., da du . . ., in Befolgung der Anweisung deines Lehrers vielleicht an einer Wegkreuzung ein Haus mit je einer Tür nach jeder der vier Himmelsrichtungen gebaut und dich darin niedergelassen mit der Absicht, jeden vorbeiwandernden Samaṇa oder Brahmanen, möchte er kommen, aus welcher der vier Himmelsrichtungen er wolle, nach Kräften und Vermögen (mit Speise und Trank) zu pflegen?“ „Nein, verehrter Gotama.“

„So bist du, Ambaṭṭha, also, dank dem Unterricht deines Lehrers, ausgeschlossen geblieben von diesem höchsten Besitze des (rechten) Wissens und Weges, und hast statt dessen noch nicht einmal die vier Irrwege betreten dank der Abhängigkeit von deinem Lehrer; und dieser dein Lehrer, der Brahmane Pokkharasāti, der selbst nur ein unzulänglicher Irrweggänger ist, hat trotzdem das Wort ausgesprochen: ‚Wie wenig sind doch die erbärmlichen kahlgeschorenen Samaṇa’s, diese protzigen Bauern (?) und dabei doch unreinen Kastenlosen, imstande, mit Brahmanen, die die drei Veden kennen, eine Unterhaltung zu führen!‘ Ambaṭṭha, daran kannst du sehen, wie unberechtigt deines Lehrers, des Brahmanen Pokkharasāti, Auffassung ist.

„Ambaṭṭha, der Brahmane Pokkharasāti genießt Wohltaten vom Kosala-Könige Pasenadi, den Anblick seines Gesichtes aber vergönnt der König ihm nicht; wenn er eine Beratung mit ihm abhält, so tut er es mit einem Vorhange zwischen sich und ihm. Ambaṭṭha, was ist wohl der Grund, daß der Kosala-König Pasenadi dem nicht den Anblick seines Gesichtes vergönnt, den er doch so gern mit frommen Gaben überhäuft? Daran kannst du wiederum sehen, Ambaṭṭha, wie unberechtigt deines Lehrers, des Brahmanen Pokkharasāti, Auffassung ist.

Und wie denkst du, Ambaṭṭha, über folgenden Fall? Stelle dir vor: Pasenadi, der König von Kosala, hält mit den Großen oder den Prinzen über irgend etwas eine Beratung, während er auf dem Nacken seines Elefanten oder auf seinem Pferde sitzt oder auf dem Fußpolster seines Wagens steht. Dann reitet (oder fährt) er weiter und hält an anderer Stelle. Da kommt ein Sudda oder gar der Sklave eines Sudda, stellt sich auf dieselbe Stelle (auf der vorher der König hielt), (ahmt) dessen (Art) Beratung abzuhalten (nach) (und bildet sich ein): ‚Ganz ebenso sprach auch Pasenadi, der König von Kosala‘. Sagt der nun wirklich dasselbe wie der König, und hält der wirklich dieselbe Beratung ab, und wird er schon dadurch zum König selbst oder zu seinesgleichen?“ „Natürlich nicht, verehrter Gotama.“

„Geradeso verhält es sich aber auch mit dir, Ambaṭṭha. Wenn nämlich die Brahmanen von heute die vedischen Lieder, die die brahmanischen Seher der Vorzeit, wie Aṭṭhaka, Vāmaka, Vāmadeva, Vessāmitta, Yamataggi, Aṅgirasa, Bhāradvāja, Vāseṭṭha, Kassapa und Bhagu, geschaffen und verkündet haben, in derselben Art, wie diese sie gesungen haben, wieder singen, und nur sprechen und lehren, was vor ihnen gesprochen und gelehrt worden ist, so darfst du dir doch nicht einbilden, dadurch, daß du diese Lieder in der Form, in der dein Lehrer sie dir überliefert hat, auswendig weißt, zu einem solchen Seher zu werden oder den Weg zu betreten, einer zu werden.

„Was glaubst du, Ambaṭṭha, aus den Gesprächen älterer und alter brahmanischer Lehrer und Lehrerslehrer entnommen zu haben? Waren wohl jene Seher der Brahmanen, die vor Zeiten die vedischen Lieder dichteten und verkündeten, und mit deren geistigem Eigentum die Brahmanen von heute schalten, wenn sie die von jenen gesungenen, verkündeten und zusammengestellten Lieder wieder singen und rezitieren und in sich immer weiter fortspinnender Überlieferung wieder rezitieren und lehren,—jene alten Seher wie . . ., ebenso sorgsam gebadet, gesalbt, an Haupt und Bart frisiert, mit Kränzen und Edelsteinschmuck angetan, mit weißen Kleidern herausgeputzt und pflegten ihren Leib im Besitz und Genuß der fünferlei irdischen Genüsse geradeso, wie in der Gegenwart unter der Anleitung deines Lehrers du es tust?“ „Nein, verehrter Gotama.“

„Aßen sie wohl ihren Reisbrei so sorgfältig gesäubert von allen schwarzen Körnern und mit so vielerlei Sauce und Curry wie in der Gegenwart unter der Leitung deines Lehrers du?“ „Nein, verehrter Gotama,“

„Ließen sie sich etwa von Mädchen bedienen, die den Saum ihrer Hülle auf den Hüften trugen, wie in der Gegenwart unter der Leitung deines Lehrers du es tust?“ „Nein, verehrter Gotama.“ „Fuhren sie etwa mit Wagen herum, deren Stutengespanne Mähne und Schweife zierlich geflochten trugen, und trieben mit langen Treibstöcken die Pferde an, so wie heutigen Tages unter der Leitung deines Lehrers du es tust?“ „Nein, verehrter Gotama.“ „Ließen sie sich etwa in befestigten Städten mit Wallgräben und balkenverriegelten Toren von Mannen, die lange Schwerter im Gürtel trugen, bewachen, so wie heutigen Tages samt deinem Lehrer du es tust?“ „Nein, verehrter Gotama.“

„So bist du, Ambaṭṭha, also unter der Leitung deines Lehrers weder schon ein frommer Seher noch auf dem Wege, es zu werden. Wem aber an mir etwas zweifelhaft oder bedenklich erscheint, der soll mich nur fragen, ich werde antworten und Klarheit schaffen.“

Darauf schritt der Erhabene aus seiner Wohnung hinaus und betrat den Wandelgang. Der junge Ambaṭṭha folgte ihm. Und wie nun der Erhabene auf und ab wandelte, schritt er hinter ihm her und forschte an des Erhabenen Körper nach den zweiunddreißig Kennzeichen des „Großen“. Er entdeckte sie auch fast alle, nur zwei nicht. Über diese zwei—Verstecktsein des Pudendum in einer Körperhöhlung und übermäßige Länge der Zunge—blieb er in Zweifel, Bedenken und Unklarheit, er kam über sie nicht ins Reine.

Der Erhabene dachte im Stillen: „Dieser junge Ambaṭṭha hat die zweiunddreißig Kennzeichen des ‚Großen‘ an mir fast alle richtig entdeckt, nur zwei noch nicht. Über diese zwei ist er in Zweifel, Bedenken und Unklarheit, er kommt über sie nicht ins Reine: über . . . Da rief er mit seinen magischen Kräften einen Gesichtseindruck hervor, mittelst dessen der junge Ambaṭṭha des Erhabenen Pudendum in einer Körperhöhlung versteckt (zu) sehen (glaubte). Und die Zunge streckte der Erhabene vor und berührte und beleckte damit beide Öffnungen der Ohren und der Nase und bedeckte auch die ganze Wölbung der Stirn mit ihr.

Da dachte der junge Ambaṭṭha bei sich: „Der Samaṇa Gotama hat wirklich die zweiunddreißig Kennzeichen des ‚Großen‘, vollzählig und lückenlos“, zum Erhabenen aber sprach er: „Wohlan, verehrter Gotama, jetzt wollen wir gehen, wir haben noch viel zu besorgen und zu erledigen.“ „Ambaṭṭha, tue, was du nun für angebracht hältst!“ Da bestieg der junge Ambaṭṭha den stutenbespannten Wagen und fuhr davon.

Um dieselbe Zeit war der Brahmane Pokkharasāti aus Ukkaṭṭhā herausgekommen, saß mit einer großen Schar von Brahmanen in seinem Parke und erwartete den jungen Ambaṭṭha zurück. Da langte dieser vor seinem Parke an. Soweit der Weg fahrbar war, fuhr er, dann stieg er ab und ging zu Fuße bis zu der Stelle, wo jener saß; er grüßte den Brahmanen ehrerbietig und ließ sich etwas abseits von ihm nieder. Kaum saß er, da fragte ihn der Brahmane Pokkharasāti:

„Lieber Ambaṭṭha, hast du den Herrn Gotama zu sehen bekommen?“ „Ja, Ehrwürdiger, wir sahen den Herrn Gotama.“ „Steht es, lieber Ambaṭṭha, tatsächlich so mit dem Herrn Gotama, wie die Mär von ihm berichtet, so und nicht anders? Ist er wirklich so einzigartig (wie man ihn rühmt) und nicht anders?“ „Ehrwürdiger, es verhält sich tatsächlich so mit jenem Herrn Gotama, wie die Mär von ihm meldet, und nicht anders. Er ist ganz so (wie man ihn rühmt) und nicht anders. Und er hat die zweiunddreißig Kennzeichen des ‚Großen‘, vollzählig und lückenlos.“ „Aber hast du, lieber Ambaṭṭha, dich mit dem Samaṇa Gotama denn auch ein wenig unterhalten?“ „Ja, Herr, ich habe mich ein wenig mit ihm unterhalten.“ „Lieber Ambaṭṭha, was hast du denn wohl mit ihm gesprochen?“ Da erzählte der junge Ambaṭṭha das ganze Gespräch, das er mit dem Erhabenen gehabt hatte, dem Brahmanen Pokkharasāti.

Als er mit dem Berichte zu Ende war, da sprach der Brahmane Pokkharasāti zu ihm: „Ei seht doch unser kluges, gelehrtes, in allen drei Veden bewandertes Männchen! Wer für sein Heil auf einen solchen Helfer angewiesen ist, der kann sich nach seinem körperlichen Ende, dem Tode, auf Unannehmlichkeiten, Pein und Not in der Hölle gefaßt machen. Ambaṭṭha, wenn du mit solchen Redensarten dem Herrn Gotama zu nahe tratest, ist es nicht verwunderlich, daß auch er mit uns ein offenes Wort redete. O über dieses kluge, gelehrte, in allen drei Veden bewanderte Männchen! Wer für sein Heil auf einen solchen Helfer angewiesen ist, der kann sich nach seinem körperlichen Ende, dem Tode, auf Unannehmlichkeiten, Pein und Not in der Hölle gefaßt machen.“ Und aufgebracht und wütend, wie er war, gab er dem jungen Ambaṭṭha einen Fußtritt, daß er ein Stück fortflog, und beschloß auf der Stelle selbst den Erhabenen aufzusuchen.

Da rieten die Brahmanen dem Brahmanen Pokkharasāti davon ab: „Es ist ja jetzt viel zu spät, den Samaṇa Gotama noch zu besuchen, morgen früh kann ja Herr Pokkharasāti zu ihm gehen“. Aber der Brahmane Pokkharasāti ließ bei sich zu Hause erlesene Speisen, feste und flüssige, zubereiten und auf Wagen packen, und unter Fackelbeleuchtung fuhr er aus Ukkaṭṭhā hinaus auf den Icchānaṅkala-Wald los. Soweit der Weg fahrbar war, fuhr er, dann stieg er ab und ging zu Fuße zum Erhabenen. Als er ihn erreicht hatte, tauschte er mit dem Erhabenen die üblichen freundlichen Begrüßungen und höflichen Fragen nach Befinden usw. und setzte sich dann etwas abseits von ihm nieder. Von seinem Sitze aus fragte er dann den Erhabenen:

„Verehrter Gotama, war unser Schüler, der junge Ambaṭṭha, hier?“ „Ja, Brahmane, er war hier.“ „Führtest du, verehrter Gotama, ein Gespräch mit ihm?“ „Ja, Brahmane, ich unterhielt mich ein wenig mit ihm.“ „Was war denn der Inhalt dieses Gespräches, verehrter Gotama?“ Da erzählte der Erhabene das ganze Gespräch, das er mit dem jungen Ambaṭṭha gehabt hatte, dem Brahmanen Pokkharasāti. Als er fertig war, sprach dieser zu ihm: „Verehrter Gotama, Ambaṭṭha ist ein dummer Junge; der Herr Gotama wolle ihm verzeihen!“ „Ich wünsche ihm alles Gute, Brahmane.“

Nun forschte der Brahmane Pokkharasāti am Körper des Erhabenen nach den zweiunddreißig Kennzeichen des „Großen“ und fand auch fast alle, nur jene zwei nicht. Über die zwei blieb er in Zweifel, Bedenken und Unklarheit, er kam darüber nicht ins Reine: das Verstecktsein des Pudendum in einer Körperhöhlung und die übermäßige Länge der Zunge.

Der Erhabene dachte im Stillen: „Dieser Brahmane Pokkharasāti hat die zweiunddreißig Kennzeichen des ‚Großen‘ fast alle an mir entdeckt, nur die zwei nicht. Über diese zwei ist er in Zweifel, Bedenken und Unklarheit, er kommt über sie nicht ins Reine: über . . .“. Da rief er mit seinen magischen Kräften einen Gesichtseindruck hervor, mittelst dessen der Brahmane Pokkharasāti des Erhabenen Pudendum in einer Körperhöhlung versteckt (zu) sehen (glaubte). Dann streckte der Erhabene die Zunge vor, berührte und beleckte damit beide Öffnungen der Ohren und der Nase und bedeckte auch die ganze Wölbung der Stirn mit ihr. Da dachte der Brahmane Pokkharasāti bei sich: „Der Samaṇa Gotama hat wirklich alle die zweiunddreißig Kennzeichen des ‚Großen‘, vollzählig und lückenlos“, zum Erhabenen aber sprach er: „Wolle Herr Gotama doch samt seiner Bhikkhu-Schar heute geneigtest mein Gast sein!“ Durch Schweigen gab der Erhabene seine Zustimmung zu erkennen.

Als der Brahmane Pokkharasāti der Zustimmung des Erhabenen sicher war, sagte er ihm, daß sofort gegessen werden könne, mit den Worten: „Es ist so weit, verehrter Gotama, das Mahl steht bereit.“ Da nahm der Erhabene, nachdem er sich früh morgens angekleidet hatte, auch Almosenschale und Obergewand, machte sich mit seiner Bhikkhu-Schar auf den Weg nach Pokkharasāti’s Hause und setzte sich, dort angekommen, auf den Sitz, der für ihn bereit war. Dann tat der Brahmane Pokkharasāti mit eigener Hand dem Erhabenen erlesene feste sowohl wie weiche Speise auf und regte zum Essen an, bis er satt war, und seine Jungen versorgten ebenso die Bhikkhu-Schar. Und als der Erhabene fertig gegessen und Almosenschale und Hände gewaschen hatte, nahm der Brahmane Pokkharasāti einen niedrigen Sitz und setzte sich etwas abseits von ihm nieder.

Nachdem er Platz genommen, begann der Erhabene die schrittweise vorgehende Belehrung, d. h. er predigte erst Freigebigkeit, sittliche Zucht und das Trachten nach dem Himmel, wies dann das Leidenvolle, Verächtlich-Eitle und Befleckende der irdischen Lust nach und zeigte, daß Heil nur in der Entsagung zu finden sei. Als der Erhabene erkannte, daß der Brahmane Pokkharasāti im Geiste vorbereitet, empfänglich, der Hemmnisse ledig, freudig und dem Glauben zugeneigt sei, da predigte er ihm die Lehre, die der Buddha’s besonderes Eigentum ist: vom Leiden, von der Entstehung des Leidens, vom Ende des Leidens und von dem Wege, der zur Beendigung des Leidens führt. Wie (nur) reines, schmutzfreies Zeug die Farbe ordentlich annimmt, so war es mit dem Brahmanen Pokkharasāti: noch während er so saß, tat sich ihm das reine, ungetrübte Auge der Wahrheit auf: „Alles was entsteht, muß notwendig wieder vergehen“.

Als der Brahmane Pokkharasāti so die Wahrheit geschaut, gewonnen, erkannt und mit seinem Geiste durchdrungen, die Zweifel überwunden, die Skrupel abgetan, festes Vertrauen gewonnen hatte und zu dem Gefühle durchgedrungen war, daß er zum Verständnis von des Meisters Lehre keiner anderen Hilfe mehr bedürfe, sprach er zum Erhabenen: „Vortrefflich, verehrter Gotama, ganz vortrefflich, verehrter Gotama! Wie wenn, verehrter Gotama, jemand etwas Umgestürztes aufrichtet, etwas Verschleiertes enthüllt, einem Verirrten den Weg weist oder eine Oel-Lampe bringt, wenn es dunkel ist, damit die, die überhaupt Augen haben, die Dinge sehen können, geradeso hat der verehrte Gotama auf allerlei Weise die Lehre verkündet. Mit Weib und Kind, Gesinde und Anhang nehme ich meine Zuflucht zu dem Erhabenen, seiner Lehre und seiner Bhikkhu-Gemeinde. Als Laiengläubigen, der heute für sein ganzes Leben seine Zuflucht zu ihm genommen hat, möge der verehrte Gotama mich gelten lassen. Wie Herr Gotama in Ukkaṭṭhā die Häuser anderer Laiengläubigen besucht, so wolle Herr Gotama auch in das Haus des Pokkharasāti eintreten. Wenn in diesem die Jungen und Mädchen den erhabenen Gotama einmal ehrfurchtsvoll begrüßen, vor ihm von den Sitzen aufstehen, einen Sitz oder Wasser werden anbieten und ihr Herz gläubig ihm werden zuwenden können, so wird ihnen das auf lange zu Heil und Segen gereichen.“

„Schön, Brahmane.“

Ende des Ambaṭṭha-Sutta.