Dīgha Nikāya 4

Soṇadaṇḍa Sutta

Der Brahmane Soṇadaṇḍa

So habe ich berichten hören.

Einst gelangte der Erhabene, als er mit einer großen Bhikkhu-Schar—es waren fünfhundert Bhikkhu’s—durch das Land der Aṅga wanderte, nach Campā. Dort nahm er seinen Aufenthalt am Teiche Gaggarā. Damals wohnte der Brahmane Soṇadaṇḍa in Campā, einem Orte reich an Einwohnern und Vieh, an Weiden, Holz, Wasser und Getreide. Dieser Ort war königliche Domäne, aber aus königlicher Gnade vom Magadha-Könige Seniya Bimbisāra mit allen Rechten unwiderruflich ihm übertragen.

Die Brahmanen und Bürger von Campā hörten: „Ein Samaṇa Gotama aus dem Hause der Sakya’s, der als Weltentsagender seine Familie verlassen hat, ist auf seiner Wanderung durch das Aṅga-Land mit einer großen Bhikkhu-Schar—(man spricht von) fünfhundert Bhikkhu’s—nach Campā gekommen und hat bei Campā am Gaggarā-Teiche Aufenthalt genommen. Über diesen erhabenen Gotama ergeht man sich überall in glänzenden Ruhmesworten dieser Art:, . . .‘.“ Da zogen die Brahmanen und Bürger von Campā in Scharen hinaus aus der Stadt und wanderten, in Haufen und Trupps zusammengetan, zum Gaggarā-Teiche.

Währenddem hielt der Brahmane Soṇadaṇḍa Siesta auf der Plattform seines Hauses. Er sah von da aus, wie die Brahmanen und Bürger Campā’s in Scharen aus der Stadt hinauszogen und in Haufen und Trupps zusammengetan zum Gaggarā-Teiche wanderten, und fragte darum seinen Torwächter: „Torwächter, warum ziehen denn die Brahmanen und Bürger Campā’s in Scharen aus der Stadt und wandern in Haufen und Trupps zusammengetan zum Gaggarā-Teiche?“ „Das ist von wegen des Samaṇa Gotama aus dem Hause der Sakya’s, der als Weltentsagender seine Familie verlassen hat. Auf seiner Wanderung durch Aṅga ist er mit einer großen Bhikkhu-Schar . . . nach Campā gekommen . . .

Über diesen erhabenen Gotama ergeht man sich überall in glänzenden Ruhmesworten dieser Art: ‚. . .‘ Diesen Herrn Gotama wollen die Leute sehen, die dorthin wandern.“ „Torwächter, da lauf doch gleich zu den Brahmanen und Bürgern von Campā und bestelle ihnen von mir: ‚Der Brahmane Soṇadaṇḍa läßt euch sagen: ‚Wartet etwas, ihr Herren, der Brahmane Soṇadaṇḍa möchte auch mitkommen und den Samaṇa Gotama sehen‘.“ „Sehr wohl, Herr“, sprach willfährig der Torwächter zum Brahmanen Soṇadaṇḍa, ging zu den Brahmanen und Bürgern von Campā und richtete die Bestellung aus.

Damals gerade hielten sich auch Brahmanen aus allerlei Ländern zu irgend welchem Zwecke in Campā auf, es waren an fünfhundert. Die hörten nun, der Brahmane Soṇadaṇḍa wolle den Samaṇa Gotama besuchen. Da liefen sie hin zum Brahmanen Soṇadaṇḍa und redeten so auf ihn ein: „Ist es wahr, was man erzählt, will Herr Soṇadaṇḍa wirklich den Samaṇa Gotama besuchen?“ „Jawohl, ihr Herren, auch ich habe die Absicht, den Samaṇa Gotama zu besuchen.“ „Tue das nicht, verehrter Soṇadaṇḍa, ein Herr wie Soṇadaṇḍa darf den Samaṇa Gotama nicht besuchen. Wenn du es doch tust, Herr, wirst du an Ansehen einbüßen, der Samaṇa Gotama aber gewinnen. Und weil dies der Fall ist, schon aus diesem Grunde darfst du, verehrter Soṇadaṇḍa, den Samaṇa Gotama nicht aufsuchen, er muß dich aufsuchen.

„Verehrter Soṇadaṇḍa, du bist ja von beiden Seiten, von Vater- wie Mutter-Seite, von einwandfreier Abkunft, bis zur siebenten Menschenalter-Trias rückwärts gerechnet von reiner, fleckenloser, untadeliger Abstammung. Das ist der zweite Grund, aus dem du, verehrter Soṇadaṇḍa, den Samaṇa Gotama nicht aufsuchen darfst, er vielmehr dich aufsuchen muß. Du, verehrter Soṇadaṇḍa, bist begütert, schwer reich, du hast es dazu, dir alles leisten zu können. Das ist der dritte Grund, aus dem du . . . Du, verehrter Soṇadaṇḍa, bist den Studien ergeben, in den vedischen Versen und Sprüchen beschlagen und mit dem Studium aller drei Veden, der synonymischen Wortverzeichnisse, der Hilfsbücher und der philologischen Technik und fünftens der Legendenwerke fertig, in der Grammatik bewandert und in der logisch-beweisenden Natur- und Welterklärung und der Lehre von den charakteristischen Körpermerkmalen der ‚Großen‘ lückenlos beschlagen. Du bist hübsch, stattlich, wohlgefällig anzuschauen, ja von höchster lotushafter Schönheit, brahmā-ähnlich, strahlend wie Brahmā, man wird nicht müde, dich anzusehen. Du bist sittenstreng, von hoher sittlicher Zucht. Du sprichst gut, deine Sprache ist wohlklingend und gewählt, fließend, sonor und deutlich. Du bist der Lehrer und Lehrers-Lehrer für Viele, du lehrst dreihundert Schüler die Vedenverse, aus allen Himmelsgegenden und aus aller Herren Ländern kommen die Schüler in Scharen voll Lernbegier, um bei dir, verehrter Soṇadaṇḍa, die Vedenverse zu studieren. Du bist alt, betagt, schon in den Jahren, sehr vorgeschritten auf deinem Lebenswege und stehst an der Schwelle des Greisenalters, der Samaṇa Gotama aber ist jung und erst seit kurzer Zeit ein Weltentsagender. Du wirst vom Magadha-Könige Seniya Bimbisāra wert- und hochgehalten, geachtet, verehrt und hochgeschätzt, desgleichen vom Brahmanen Pokkharasāti. Du wohnst in Campā, einem Orte reich an Einwohnern und Vieh, an Weiden, Holz, Wasser und Getreide, der königliche Domäne, aber aus königlicher Gnade vom Magadha-Könige Seniya Bimbisāra mit allen Rechten unwiderruflich dir übertragen ist. Und weil das der Fall ist, auch aus diesem Grunde darfst du, verehrter Soṇadaṇḍa, nicht den Samaṇa Gotama, sondern muß der Samaṇa Gotama dich aufsuchen.“

Auf diese Worte antwortete der Brahmane Soṇadaṇḍa jenen Brahmanen das Folgende: „So höret denn auch von mir, warum es sich ziemt, daß ich meinerseits den Herrn Gotama aufsuche, und nicht er mich. Der Samaṇa Gotama ist von beiden Seiten, von Vater- wie Mutter- Seite, von einwandfreier Abkunft . . .‘, von . . . untadeliger Abstammung. Und daß dem so ist, ist einer der Gründe, warum es sich ziemt, daß der Herr Gotama nicht mich aufsucht, sondern ich ihn. Der Samaṇa Gotama hat einen großen Verwandtenkreis aufgegeben, als er der Welt entsagte. Er hat, als er es tat, viel Gold und Geld dahinten gelassen, vergrabenes wie disponibeles. Er war jung, besaß noch den dunklen Haarschmuck und die blühende Frische der Jugend, er stand erst an der Schwelle des Mannesalters, als er aus dem Heim in die Heimlosigkeit hinausging. Obgleich seine Eltern es nicht wollten, ob sie gleich weinten und tränenüberströmte Gesichter hatten, hat er sich Haar und Bart scheren lassen, die gelbroten Gewänder angelegt und ist aus dem Heim in die Heimlosigkeit hinausgezogen. Der Samaṇa Gotama ist hübsch, stattlich, wohlgefällig anzuschauen, ja von höchster lotusgleicher Schönheit, brahmā-ähnlich, strahlend wie Brahmā, man wird nicht müde, ihn anzusehen (?). Er ist sittenstreng, von ungewöhnlicher Rigorosität der Zucht, korrekt im Verhalten. Er spricht gut, seine Sprache ist wohlklingend und gewählt, fließend, sonor und deutlich. Er ist der Lehrer und Lehrers-Lehrer für viele. Er hat Begehren und Leidenschaft in sich abgetötet, von weltlicher Hoffart ist er frei. Er glaubt an den Wert der Werke und des Handelns, er ist selbst für Brahmanen ein Vorbild zum Guten. Er hat sich von einer hochstehenden Familie losgesagt, von einer Familie des Uradels, die begütert, sehr reich ist und alle Annehmlichkeiten des Lebens genießt. Ihn zu befragen kommen die Menschen sogar von außerhalb der Provinz und des Landes. Zu ihm nehmen (sogar) viele Tausende von Göttern ihre Zuflucht mit jedem Lebenshauche. Über ihn ergeht man sich überall in glänzenden Ruhmesworten dieser Art: ‚. . .‘ Ihn zeichnen die zweiunddreißig Kennzeichen des ‚Großen‘ aus. Er ist leutselig, freundlich redend, liebenswürdig entgegenkommend, heiter und offen blickend und nicht lauernd in der Unterhaltung. Von allen vier Klassen seiner Anhänger wird er wert- und hochgehalten, geachtet, verehrt und hochgeschätzt. Viele Götter und Menschen sind ihm ergeben. Wenn er sich in einem Dorfe oder einer Stadt aufhält, dann sind dort die Menschen vor den Belästigungen böser Geister sicher. Er steht als Ordens- und Sektenleiter, als Lehrer seiner Sekte hoch da über den Sektenstiftern gewöhnlichen Schlages. Sein Ansehen ist nicht so zustande gekommen wie das zufällige, auf Äußerlichkeiten beruhende Ansehen mancher der Samaṇa’s und Brahmanen zustande kommt; bei ihm kommt es vielmehr daher, daß er im höchsten Grade ausgezeichnet ist durch den Besitz des (rechten) Wissens und des (rechten) Weges. Bei ihm hat der Magadha-König Seniya Bimbisāra samt Weib und Kind, Hofstaat und Beamten für seine ganze Lebenszeit seine Zuflucht genommen, ebenso der Kosala- König Pasenadi und der Brahmane Pokkharasāti. Er wird vom Magadha-Könige Seniya Bimbisāra wert- und hochgehalten, geachtet, verehrt und hochgeschätzt, desgleichen vom Kosala-Könige Pasenadi und vom Brahmanen Pokkharasāti. Er ist nach Campā gekommen und hat in Campā Aufenthalt am Gaggarā-Teiche genommen. Alle Samaṇa’s und Brahmanen aber, die in unser Weichbild kommen, sind unsere Gäste. Unsere Gäste aber müssen wir wert- und hochhalten, achten, ehren und schätzen. Da nun der Samaṇa Gotama nach Campā gekommen ist und in Campā beim Gaggarā-Teiche Aufenthalt genommen hat, ist auch er unser Gast. Als Gast aber müssen wir auch ihn wert- und hochhalten, achten, ehren und hochschätzen. Auch aus diesem Grunde ist es nicht Sache des Herrn Gotama, mich, sondern die meine, ihn aufzusuchen. Verehrte, das sind indessen nur die Vorzüge des Herrn Gotama, von denen ich Kenntnis habe. Die Summe derer, die er besitzt, ist aber nicht auf diese beschränkt, er hat unermeßlich viele.“

Auf diese Rede antworteten dem Brahmanen Soṇadaṇḍa die Brahmanen: „Wie du, verehrter Soṇadaṇḍa, das Lob des Samaṇa Gotama verkündest, muß ja ein anständiger Gläubiger den Herrn Gotama aufsuchen, selbst wenn dieser sich hundert Meilen entfernt befände und man das Reisegepäck auf der eigenen Schulter schleppen müßte. So laßt uns denn alle zusammen den Samaṇa Gotama aufsuchen.“ Da machte sich der Brahmane Soṇadaṇḍa mit einer großen Brahmanenschar auf den Weg zum Gaggarā-Teiche.

Während der Weg ihn durch ein Stück Wald führte, kam ihm indessen folgendes Bedenken: „Wenn ich nun aber eine Frage an den Samaṇa Gotama richte, und er antwortet mir darauf vielleicht: ‚Brahmane, das ist keine richtige Fragestellung, so vielmehr ist diese Frage zu formulieren‘, dann würde mich diese meine Begleitung geringschätzig beurteilen und denken: ‚Der Brahmane Soṇadaṇḍa ist ein unfähiger Dummkopf, er hat es nicht einmal fertig gebracht, dem Samaṇa Gotama eine vernünftig formulierte Frage vorzulegen. Wen aber ein Kreis wie dieser geringschätzig beurteilt, mit dessen Ansehen ist es vorbei; wer aber sein Ansehen einbüßt, mit dessen Einnahmen hat es auch ein Ende, beruhen ja doch unsere ganzen Einnahmen auf dem Ansehen. Oder aber wenn mir der Samaṇa Gotama eine Frage vorlegt, und ich stelle ihn mit meiner Beantwortung dieser Frage nicht zufrieden, und er spricht zu mir: ‚Brahmane, auf diese Weise ist meine Frage nicht zu beantworten, sondern auf solche Weise‘, dann wird diese meine Begleitung mich ebenfalls geringschätzig beurteilen und denken: ‚Der Brahmane Soṇadaṇḍa ist ein unfähiger Dummkopf, er ist nicht einmal imstande gewesen, den Samaṇa Gotama mit der Antwort auf seine Frage zufrieden zu stellen‘. Wen aber ein Kreis wie dieser geringschätzig beurteilt . . . Und wenn ich, nachdem ich jetzt schon fast ganz bei ihm angelangt bin, wieder Kehrt machte, ohne ihn gesehen zu haben, dann würde diese meine Begleitung ebenfalls mich geringschätzig beurteilen und denken: ‚Der Brahmane Soṇadaṇḍa ist ein unfähiger Dummkopf, steifnackig vor Dünkel und dabei doch feige, er hat es nicht einmal gewagt, dem Samaṇa Gotama vor die Augen zu kommen; wie kann er es denn sonst über sich bringen, nachdem er schon beinahe bei ihm angelangt ist, wieder Kehrt zu machen, ohne ihn gesehen zu haben?‘ Wen aber ein Kreis wie dieser geringschätzig beurteilt . . .“

Inzwischen langte der Brahmane Soṇadaṇḍa beim Erhabenen an, tauschte mit ihm die üblichen freundlichen Begrüßungsworte und höflichen Fragen nach dem Befinden aus und setzte sich etwas abseits nieder. Und von den Brahmanen und Bürgern von Campā setzten sich die einen abseits nieder, nachdem sie sich vor dem Erhabenen respektvoll verneigt hatten, andere tauschten mit ihm erst die üblichen freundlichen Begrüßungsworte und höflichen Fragen nach dem Befinden aus, ehe sie sich abseits niedersetzten, wieder andere erhoben ihre flach zusammengelegten Hände in der Richtung nach dem Erhabenen hin und setzten sich dann abseits nieder, noch andere stellten sich mit Nennung ihrer Personen- und Familiennamen vor und nahmen dann abseits Platz. Einige ließen sich auch einfach schweigend abseits nieder.

Als der Brahmane Soṇadaṇḍa saß, mußte er noch immer nachhaltig an seinen Gedanken weiterspinnen: „Wenn ich nun aber eine Frage an den Samaṇa Gotama richte . . ., dann würde mich diese meine Begleitung ebenfalls geringschätzig beurteilen und denken: ‚Der Brahmane Soṇadaṇḍa ist ein unfähiger Dummkopf, er ist nicht einmal imstande gewesen, den Samaṇa Gotama mit der Antwort auf seine Frage zufrieden zu stellen‘. Wen aber ein Kreis wie dieser geringschätzig beurteilt, mit dessen Ansehen ist es vorbei; wer aber sein Ansehen verliert, mit dessen Einnahmen hat es auch ein Ende, beruhen ja doch unsere ganzen Einnahmen auf dem Ansehen. Ach, wenn der Samaṇa Gotama mich doch nach etwas aus meinem eigenen Lehrgebiete, dem Drei-Veden-Wissen, fragen möchte, dann würde ich mit meiner Antwort auf seine Frage ihn sicher zufrieden stellen.“

Da dachte der Erhabene, der in seinem Geiste die inneren Bedenken des Brahmanen Soṇadaṇḍa durchschaute: „Dieser Brahmane Soṇadaṇḍa ist in Seelennot. Ich will ihm doch eine Frage aus seinem eigenen Lehrgebiete, dem Drei- Veden-Wissen, vorlegen.“ Und der Erhabene fragte ihn: „Wieviel Eigenschaften muß ein Brahmane besitzen, damit die anderen Brahmanen ihn als ihresgleichen anerkennen können und er selbst im Rechte ist und nicht sich einer Unwahrheit schuldig macht, wenn er sich für einen Brahmanen erklärt?“

Da dachte der Brahmane Soṇadaṇḍa bei sich: „Wie ich es wünschte und hoffte, begehrte und ersehnte: ‚Ach wenn . . .‘, fragt mich der Samaṇa Gotama wirklich nach etwas aus meinem eigenen Lehrgebiete, dem Drei-Veden-Wissen. Nun will ich mit meiner Antwort auf seine Frage ihn schon zufrieden stellen.“

Und er richtete sich straff empor, sah den Kreis der Versammelten Reihe herum an und antwortete dann dem Erhabenen: „Verehrter Gotama, fünf Eigenschaften muß der Brahmane besitzen, damit die Brahmanen ihn als ihresgleichen anerkennen können und er selbst im Rechte ist und nicht sich einer Unwahrheit schuldig macht, wenn er sich für einen Brahmanen erklärt. Es sind diese fünf: Der Brahmane muß von beiden Seiten, von Vater- wie Mutter-Seite, von einwandfreier Abkunft, bis zur siebenten Menschenalter-Trias rückwärts gerechnet von reiner, fleckenloser, untadeliger Abstammung sein. Er muß den Studien ergeben sein, in den vedischen Versen und Sprüchen beschlagen und mit dem Studium aller drei Veden . . ., Er muß hübsch sein, stattlich, wohlgefällig anzuschauen, von höchster lotushafter Schönheit, brahmā-ähnlich, strahlend wie Brahmā und so, daß man nicht müde wird, ihn anzusehen (?). Er muß sittenstreng sein und von hoher sittlicher Zucht. Und er muß klug und weise sein und der Erste oder der Zweite unter denen, die den Opferlöffel in der Hand halten. Das, verehrter Gotama, sind die fünf Charakteristika, die der Brahmane besitzen muß, damit die Brahmanen ihn als ihresgleichen anerkennen können und er selbst im Rechte ist und keiner Unwahrheit sich schuldig macht, wenn er sich für einen Brahmanen erklärt.“

„Brahmane, darf man aber wohl von diesen fünf Charakteristika eins weglassen und einen, der nur vier besitzt, für einen Brahmanen erklären, und ist ein solcher im Recht und macht sich keiner Unwahrheit schuldig, wenn er sich für einen Brahmanen erklärt?“ „Ja, verehrter Gotama. Von diesen fünf können wir das Aussehen weglassen. Was kann es denn (schließlich) auf das Aussehen ankommen? Wenn aber ein Brahmane von beiden Seiten, von Vater- wie von Mutter-Seite, von einwandfreier Abkunft . . ., wenn er den Studien ergeben . . ., wenn er sittenstreng . . . und wenn er klug und weise und der Erste oder der Zweite unter denen ist, die den Opferlöffel in der Hand halten, dann besitzt er diejenigen vier Charakteristika, die er besitzen muß, damit die Brahmanen ihn als ihresgleichen anerkennen können und damit er selbst im Rechte ist und nicht einer Unwahrheit sich schuldig macht, wenn er sich für einen Brahmanen erklärt.“

„Brahmane, darf man aber von diesen vier Charakteristika wohl noch eins weglassen und einen, der nur drei besitzt, für einen Brahmanen erklären, und ist ein solcher im Recht und macht sich keiner Unwahrheit schuldig, wenn er sich für einen Brahmanen erklärt?“ „Ja, verehrter Gotama. Von den vier können wir die Veden-Gelehrsamkeit noch weglassen. Was kann denn die Veden-Gelehrsamkeit (schließlich viel) ausmachen? Wenn ein Brahmane von beiden Seiten, von Vater- wie von Mutter-Seite, von einwandfreier Abkunft . . ., wenn er sittenstreng . . ., wenn er klug und weise und wenn er der Erste oder Zweite unter denen ist, die den Opferlöffel in der Hand halten, dann besitzt er diejenigen drei Charakteristika, die er besitzen muß, damit die Brahmanen ihn als ihresgleichen anerkennen können und er selbst im Rechte ist und nicht einer Unwahrheit sich schuldig macht, wenn er sich für einen Brahmanen erklärt.“

„Brahmane, darf man aber von diesen drei Charakteristika noch eins weglassen und einen, der nur zwei besitzt, für einen Brahmanen erklären, und ist ein solcher im Recht und macht sich keiner Unwahrheit schuldig, wenn er sich für einen Brahmanen erklärt?“ „Ja, verehrter Gotama. Von den drei können wir die Geburt noch weglassen. Was kann denn die Geburt (schließlich) ausmachen? Wenn ein Brahmane sittenstreng . . ., wenn er klug und weise und wenn er der Erste oder Zweite unter denen ist, die den Opferlöffel in der Hand halten, dann besitzt er diejenigen zwei Charakteristika, die er besitzen muß, damit die Brahmanen ihn als einen der Ihren anerkennen können und er selbst im Rechte ist und nicht einer Unwahrheit sich schuldig macht, wenn er sich für einen Brahmanen erklärt.“

Als er das aber gesagt hatte, da riefen die Brahmanen dem Soṇadaṇḍa zu: „Sprich doch nicht so etwas, verehrter Soṇadaṇḍa! Sprich doch nicht so etwas, verehrter Soṇadaṇḍa! Du urteilst abfällig über das Aussehen, über die vedische Gelehrsamkeit und über die Geburt. Kein Zweifel, verehrter Soṇadaṇḍa, du bist im Begriff, zur Lehre des Samaṇa Gotama überzugehen.“

Da sprach der Erhabene zu den Brahmanen: „Brahmanen, wenn ihr meint, der Brahmane Soṇadaṇḍa sei schlecht unterrichtet, ein schlechter Redner, hätte wenig Verstand und sei unfähig, mit dem Samaṇa Gotama über dieses Thema zu diskutieren, dann nehmt keine Rücksicht auf den Brahmanen Soṇadaṇḍa, sondern besprecht ihr euch mit mir! Wenn ihr, Brahmanen, aber meint, der Brahmane Soṇadaṇḍa sei wohl unterrichtet, ein guter Redner, klug und ausreichend imstande, mit dem Samaṇa Gotama über dieses Thema zu diskutieren, so bleibt ihr doch bei Seite und laßt den Brahmanen Soṇadaṇḍa mit mir sich besprechen“.

Hierauf ergriff der Brahmane Soṇadaṇḍa, zum Erhabenen gewandt, das Wort: „Bemühe dich nicht, verehrter Gotama, hülle dich in Schweigen, ich werde jenen eine sachlich begründete Antwort erteilen.“ Dann sprach er zu den Brahmanen: „Ihr Herren, redet doch nicht so, ihr Herren, redet doch nicht so: ‚Verehrter Soṇadaṇḍa, du urteilst abfällig über das Aussehen, über die vedische Gelehrsamkeit und über die Geburt; kein Zweifel, du bist im Begriff, zur Lehre des Samaṇa Gotama überzugehen‘! Ihr Herren, ich urteile nicht abfällig über das Aussehen, die vedische Gelehrsamkeit und die Geburt.“

Nun saß gerade auch der Schwestersohn des Brahmanen Sonadanda, ein Jüngling Namens Aṅgaka, mit in der Versammlung. Da fragte der Brahmane Sonadanda jene Brahmanen: „Seht ihr, verehrte Herren, meinen Schwestersohn, den jungen Aṅgaka, dort sitzen?“ „Ja, Verehrter.“ „Der junge Aṅgaka ist hübsch, stattlich, wohlgefällig anzuschauen, ja von höchster lotushafter Schönheit, brahmā-ähnlich, strahlend wie Brahmā, man wird nicht müde, ihn anzusehen (?), in dieser ganzen Versammlung kann sich an Aussehen niemand mit ihm messen außer dem Samaṇa Gotama. Der junge Aṅgaka ist den Studien ergeben . . . Ich selbst habe ihn die Vedenverse gelehrt. Der junge Aṅgaka ist außerdem von beiden Seiten, von Vater- wie Mutter-Seite, von einwandfreier Abkunft . . . Ich kenne ja seine Eltern. Wenn nun aber der junge Aṅgaka einmal ein lebendes Wesen töten sollte, oder nehmen, was ihm nicht gegeben ist, oder zu eines andern Weib gehen, oder die Unwahrheit reden, oder berauschende Getränke trinken, was würde dabei dann das Aussehen nützen, oder die vedische Gelehrsamkeit, oder die Geburt? Wenn ein Brahmane aber sittenstreng und von hoher sittlicher Zucht, wenn er klug und weise und der Erste oder Zweite unter denen ist, die den Opferlöffel in der Hand halten, dann besitzt er diejenigen zwei Charakteristika, die er besitzen muß, damit die Brahmanen ihn als Brahmanen anerkennen können und er selbst im Rechte ist und nicht einer Unwahrheit sich schuldig macht, wenn er sich für einen Brahmanen erklärt.“

(Und der Erhabene fuhr fort den Soṇadaṇḍa zu fragen): „Brahmane, darf man aber von diesen zwei Charakteristika noch eins weglassen und einen, der nur eins besitzt, für einen Brahmanen erklären, und ist ein solcher im Rechte und macht sich keiner Unwahrheit schuldig, wenn er sich für einen Brahmanen erklärt?“ „Nein, verehrter Gotama. Denn, verehrter Gotama, durch sittliche Zucht wird die Weisheit ergänzt, und durch Weisheit die sittliche Zucht; wo sittliche Zucht, da ist auch Weisheit, und wo Weisheit, da sittliche Zucht; wer sittliche Zucht hat, der hat Weisheit, und wer Weisheit, der sittliche Zucht; sittliche Zucht und Weisheit sind das Höchste in der Welt. Wie man, verehrter Gotama, eine Hand mit der anderen wäscht und einen Fuß mit dem anderen, geradeso, verehrter Gotama, wird die Weisheit durch sittliche Zucht ergänzt und die sittliche Zucht durch Weisheit; und Weisheit ist dort, wo sittliche Zucht, und sittliche Zucht dort, wo Weisheit ist; der Sittenstrenge hat auch Weisheit und der Weise sittliche Zucht; sittliche Zucht und Weisheit sind das Höchste in der Welt.“

„So ist es, Brahmane. Durch sittliche Zucht wird die Weisheit ergänzt und durch Weisheit die sittliche Zucht; wo sittliche Zucht, da ist auch Weisheit, und wo Weisheit, da auch sittliche Zucht; wer sittliche Zucht hat, der hat Weisheit, und wer Weisheit, der auch sittliche Zucht; sittliche Zucht und Weisheit sind das Höchste in der Welt. Doch, Brahmane, welches ist diese sittliche Zucht, und welches ist diese Weisheit?“ „Gerade noch bis auf die Worte erstreckt sich mein Wissen von diesen Dingen; möge es, bitte, dem verehrten Gotama gefallen, die (tiefere) Bedeutung dieser Worte (auseinanderzusetzen)!“

„Wohlan, so höre denn, Brahmane, und merke gut auf, ich werde sie dir sagen.“ „Es soll geschehen.“ erwiderte zustimmend der Brahmane Soṇadaṇḍa dem Erhabenen. Der Erhabene sprach: „Brahmane, was diese Dinge anbetrifft, so kommt zunächst in Betracht, daß in der Welt ein Tathāgata ersteht, ein vollendeter vollkommen Erleuchteter . . . (das andere ist nach dem Sāmaññaphala zu ergänzen) . . . So, Brahmane, ist der Bhikkhu, der sittliche Zucht besitzt. Brahmane, das ist die sittliche Zucht. . . . er erreicht die . . . erste Stufe der Versenkung und hält sie fest . . . die zweite Stufe der Versenkung . . . die dritte Stufe der Versenkung . . . die vierte Stufe der Versenkung . . . er wendet seinen Geist hin und richtet ihn auf das erkennende Schauen . . . er erkennt: ‚Es gibt keine Wiederkehr‘. Auch das gehört zu seiner Weisheit. Das also ist die Weisheit, Brahmane.“

Als er geschlossen hatte, sprach der Brahmane Soṇadaṇḍa zum Erhabenen: „Vortrefflich, verehrter Gotama, ganz vortrefflich, verehrter Gotama! Wie man etwas Umgestürztes aufrichtet, etwas Verschleiertes enthüllt, einem Verirrten den Weg weist oder eine Öl-Lampe bringt, wenn es finster ist, damit die, die Augen haben, die Dinge sehen, geradeso hat der verehrte Gotama auf mancherlei Weise die Lehre verkündet. Daher nehme ich meine Zuflucht bei dem erhabenen Gotama, bei seiner Lehre und bei der Bhikkhu-Gemeinde, als einen Laiengläubigen, der heute für sein ganzes Leben seine Zuflucht bei ihm genommen hat, wolle der Erhabene mich gelten lassen. Und möge der verehrte Gotama samt seiner Bhikkhu-Schar meine Einladung zum Mahle auf morgen annehmen.“ Der Erhabene gab durch Schweigen zu verstehen, daß er die Einladung annehme. Als nun der Brahmane Soṇadaṇḍa der Zustimmung des Erhabenen sicher war, stand er von seinem Sitze auf, grüßte den Erhabenen respektvoll, ging nach rechts um ihn herum und entfernte sich.

Als dann die Nacht vorüber war, ließ der Brahmane Soṇadaṇḍa bei sich zu Hause erlesene feste und flüssige Speisen zubereiten und dann dem Erhabenen die Stunde des Essens melden: „Es ist Zeit, verehrter Gotama, das Mahl ist bereit.“

Da nahm der Erhabene, nachdem er sich schon am Morgen angekleidet hatte, noch Almosengefäß und Obergewand und machte sich mit seiner Bhikkhu-Schar auf den Weg zum Hause des Brahmanen Soṇadaṇḍa. Dort angekommen setzte er sich auf den für ihn hergerichteten Sitz. Der Brahmane Soṇadaṇḍa bewirtete dann eigenhändig die Bhikkhu-Schar mit Buddha an ihrer Spitze mit erlesenen festen und flüssigen Speisen und regte zum Essen an, bis sie satt waren. Dann, als der Erhabene fertig gegessen und Almosenschale und Hände gewaschen hatte, nahm er einen niedrigen Sitz und setzte sich etwas abseits von ihm. Nachdem er Platz genommen, sprach er zum Erhabenen:

„Verehrter Gotama, wenn ich, in einer Versammlung sitzend, mich vom Sitze erhöbe, um mich vor dem erhabenen Gotama ehrfurchtsvoll zu verneigen, dann würde die Versammlung geringschätzig über mich urteilen. Wen aber ein solcher Kreis (wie der meine) geringschätzig beurteilt, mit dessen Ansehen ist es vorbei, wer aber sein Ansehen verliert, mit dessen Einnahmen hat es auch ein Ende, beruhen ja doch unsere Einnahmen auf dem Ansehen. Wenn ich also, verehrter Gotama, in einer Versammlung einfach meine flach zusammengelegten Hände (zum Zeichen der Verehrung) vorstrecke, so nimm das, verehrter Gotama, für das Aufstehen vom Sitze. Wenn ich in einer Versammlung den Turban abnehme, so nimm das, verehrter Gotama, für eine feierliche Verneigung meines Hauptes. Wenn ich, verehrter Gotama, auf dem Wagen sitzend absteigen würde, um mich vor dem erhabenen Gotama ehrfurchtsvoll zu verneigen, dann würden mich deswegen die mich Begleitenden geringschätzig beurteilen. Wen aber . . . Wenn ich also, verehrter Gotama, auf dem Wagen sitzend den Treibstock erhebe, so nimm das für ein Absteigen. Und wenn ich, verehrter Gotama, auf dem Wagen sitzend die Hand nach unten bewege, so nimm das für eine ehrfurchtsvolle Verneigung meines Hauptes!“

Hierauf erhob sich der Erhabene, nachdem er den Brahmanen Soṇadaṇḍa mit der Predigt der Lehre belehrt, ermahnt, erhoben und erfreut hatte, von seinem Sitze und ging von dannen.

Ende des Soṇadaṇḍa-Sutta.