Dīgha Nikāya 9
Poṭṭhapāda Sutta
Das Gespräch mit dem Wander-Asketen Poṭṭhapāda
Einmal hielt sich der Erhabene bei Sāvatthi in dem von Anāthapindika als Bhikkhu-Heim gestifteten Jeta-Walde auf. Zu derselben Zeit wohnte der Wander-Asket Poṭṭhapāda mit einer großen Schar von Wander-Asketen—es waren dreihundert—in dem von Mallikā gestifteten Bhikkhu-Heim, das aus Tinduka-Rinde errichtet war (?), aus einer einzigen Räumlichkeit bestand, und in dem über Lehrfragen disputiert zu werden pflegte.
Da machte sich der Erhabene, nachdem er früh morgens die Tunika angelegt hatte, mit Almosenschale und Obergewand auf den Bettelgang nach Sāvatthi. Unterwegs aber dachte er bei sich: ‚Zum Bettelgange durch Sāvatthi ist es doch noch zu früh, vielleicht gehe ich erst noch einmal in das aus einem Saale bestehende, der Disputation dienende Bhikkhuheim der Mallikā aus Tinduka-Rinde zu dem Wander-Asketen Poṭṭhapāda.‘ Und er begab sich dahin.
Der Wander-Asket Poṭṭhapāda saß gerade inmitten seiner großen Schar von Wander-Asketen, die entsetzlich lärmten, indem sie sich laut mit gellenden Stimmen über allerlei nichtigen Klatsch unterhielten, z.B. über Könige . . .
Der Wander-Asket Poṭṭhapāda sah den Erhabenen von ferne kommen und verwies seine Jünger-Schar sogleich zur Ruhe: „Seid still, Herrschaften, gebt keinen Ton von euch! Dort kommt der Samaṇa Gotama. Dieser Ehrwürdige liebt und lobt die Stille, vielleicht hält er unseren Kreis eines Besuches für wert, wenn er merkt, daß wir uns ruhig verhalten.“ Da trat Ruhe bei den Wander-Asketen ein.
Und der Erhabene kam zum Wander-Asketen Poṭṭhapāda heran, und dieser sprach zu ihm: „Herr! Wolle doch der Erhabene zu uns kommen! Willkommen dem Erhabenen! Endlich, Herr, nimmt der Erhabene einmal Gelegenheit, uns aufzusuchen. Wolle sich der Erhabene setzen, Herr, dieser Sitz ist für den Erhabenen bereit.“ Der Erhabene setzte sich auf den ihm zurechtgemachten Sitz. Der Wander-Asket Poṭṭhapāda aber nahm einen anderen niedrigeren Sitz und setzte sich etwas abseits hin. Und der Erhabene fragte ihn: „Poṭṭhapāda, was war der Gegenstand eures Gespräches, zu dem ihr euch hier zusammengesetzt habt? Um was drehte sich eure Unterhaltung, die ihr jetzt schnell abgebrochen habt?“
Der Wandermönch Poṭṭhapāda erwiderte dem Erhabenen: „Ach, Herr, schweigen wir doch ganz von der Unterhaltung, zu der wir uns hier zusammenfanden. Der Wunsch, davon zu hören, kann dem Erhabenen später noch leicht erfüllt werden. (Aber ich möchte den Erhabenen etwas fragen, was wichtiger ist.) Herr, früher einmal saßen Samaṇa’s verschiedener Sekten und Brahmanen in der Unterhaltungshalle zusammen. Da kam das Gespräch auf das Erlöschen des wachen Bewußtseins: ‚Wie kommt das Erlöschen des wachen Bewußtseins zustande?‘ Einige sagten: ‚Ohne Grund und Ursache entstehen und vergehen die Bewußtseins-Zustände des Menschen. Wenn sie entstehen, ist man bei Bewußtsein, wenn sie vergehen, ist man bewußtlos.‘ So erklären (also) einige das Verlöschen des Bewußtseins. Ein anderer aber sagte: ‚So wird sich das doch wohl nicht verhalten. Das Bewußtsein ist vielmehr des Menschen Selbst, und dieses Bewußtsein kommt und geht. Wenn es kommt, ist man bei Bewußtsein, wenn es geht, wird man bewußtlos.‘ So erklären andere das Bewußtsein. Wieder ein anderer sagte: ‚So wird sich das doch wohl nicht verhalten. Es gibt vielmehr Samaṇa’s und Brahmanen mit großen magischen Kräften, die ziehen jemandes Bewußtsein zu ihm hin und wieder aus ihm heraus. Sobald sie es zu ihm hinziehen, ist er bei Bewußtsein, sobald sie es aus ihm herausziehen, bewußtlos.‘ So erklären wieder andere das Erlöschen des Bewußtseins. Noch ein anderer sagte: ‚So wird sich das doch wohl nicht verhalten. Es gibt vielmehr Gottheiten mit großen magischen Kräften, die ziehen jemandes Bewußtsein zu ihm hin und wieder aus ihm heraus. Sobald sie es zu ihm hinziehen, ist er bei Bewußtsein, sobald sie es aus ihm herausziehen, bewußtlos.‘ So erklären noch andere das Erlöschen des Bewußtseins. Ich aber, Herr, mußte an den Erhabenen denken: ‚Ach, sicherlich ist der Erhabene, der Pfadvollender, derjenige, der sich auf diese Dinge am besten versteht. Der Erhabene weiß klipp und klar, wie das Erlöschen des Bewußtseins zustande kommt‘. Wie geht es vor sich, Herr?“
„Poṭṭhapāda, was das anbetrifft, so haben diejenigen Samaṇa’s und Brahmanen von Grund aus Unrecht, die da sagten, ohne Grund und Ursache entständen und vergingen des Menschen Bewußtseins-Zustände. Denn, Poṭṭhapāda, gerade nur in Abhängigkeit von Grund und Ursache entstehen und vergehen des Menschen Bewußtseins-Zustände. Man kann es methodisch betreiben, das Entstehen mancher Bewußtseins-Zustände und das Vergehen anderer hervorzurufen. Welches sind diese methodischen Verfahrungsweisen?“ fuhr der Erhabene fort. „Poṭṭhapāda, es handelt sich hier (zunächst) darum, daß ein Tathāgata in der Welt erscheint, ein vollendeter vollkommen Erleuchteter . . .
„Poṭṭhapāda, mit solcher sittlichen Zucht sieht man auf keiner Seite Gefahren . . .
„Und worin, Poṭṭhapāda, besteht die Wachsamkeit des Bhikkhu am Tore der Sinne? . . .
„Sobald der Bhikkhu wahrnimmt, daß die fünf Hemmnisse aus seinem Inneren getilgt sind, erwacht in ihm Freude und Lust, (der Eindruck) ‚Körper‘ kommt (in ihm) zur Ruhe, im Besitz dieser Ruhe empfindet er Behagen, und wenn er Behagen empfindet, gelangt auch sein Geist zur Konzentration. Indem er sich losmacht von den Sinnengenüssen und allem Üblen, erreicht er die mit energischem Denken und Erwägen verbundene, glück- und freudereiche erste Stufe der Versenkung, die durch Loslösung gewonnen wird, und hält sie fest. Dann schwindet in ihm das früher vorhandene Bewußtsein, das mit dem sinnlichen Begehren zusammenhängt. Dafür erwacht dann das geistig-reale Bewußtsein von der durch Loslösung gewonnenen Freude und Wonne, und er ist sich dieser geistigen Realität bewußt. Das ist (erstens) damit gemeint, daß man es methodisch betreiben kann, das Entstehen mancher Bewußtseins-Zustände und das Vergehen anderer hervorzurufen. Und das ist dieses methodische Vorgehen.“ So sprach der Erhabene.
„Poṭṭhapāda, wenn dann ferner der Bhikkhu, indem er Denken und Erwägen zur Ruhe bringt, die von allem Denken und Erwägen freie, glück- und freudereiche zweite Stufe der Versenkung erreicht und festhält, die Frieden im Inneren und Erhebung-und-Zusammenschluß des Geistes bringt und durch Konzentration gewonnen wird, dann erlischt das vorher gewonnene geistig-reale Bewußtsein von der durch Loslösung gewonnenen Freude und Wonne. Dafür erwacht dann das geistig-reale Bewußtsein von der durch Konzentration errungenen Freude und Wonne, und er ist sich dieser geistigen Realität bewußt. Das ist (zweitens) damit gemeint, daß man es methodisch betreiben kann, das Entstehen mancher Bewußtseins-Zustände und das Vergehen anderer hervorzurufen. Und das ist dieses methodische Vorgehen.“ So sprach der Erhabene.
„Poṭṭhapāda, wenn dann weiter der Bhikkhu, indem er sich von der Freude läutert, in Gleichmut dahin lebt, ernst besonnen und vollbewußten Denkens, und körperlich Glück empfindet, die dritte Stufe der Versenkung erreicht und festhält, von der eben die Auserwählten sagen, daß man voll Gleichmut, ernst besonnen und beglückt sei, dann erlischt das vorher gewonnene geistig-reale Bewußtsein von der durch Konzentration errungenen Freude und Wonne. Dafür erwacht dann das geistig-reale Bewußtsein von der Wonne des Gleichmuts, und er ist sich dieser geistigen Realität bewußt. Das ist (drittens) damit gemeint, daß man es methodisch betreiben kann, das Entstehen mancher Bewußtseins-Zustände und das Vergehen anderer hervorzurufen. Und das ist dieses methodische Vorgehen.“ So sprach der Erhabene.
„Poṭṭhapāda, wenn dann weiter der Bhikkhu die vierte Stufe der Versenkung erreicht und festhält, wo nach dem Freiwerden von Glück sowohl als Leid, nach dem Einschlafen der früher vorhandenen Empfindung für Glück und Leid, Leid- und Glücklosigkeit herrscht und wo (der Geist) geläutert ist durch Gleichmut und ernstes Sichbesinnen, dann eriischt das vorher gewonnene geistig-reale Bewußtsein von der Wonne des Gleichmuts, dafür erwacht dann das geistig-reale Bewußtsein von der Freiheit sowohl vom Leiden wie vom Glück, und er ist sich dieser Realität bewußt. Das ist (viertens) damit gemeint, daß man es methodisch betreiben kann, das Entstehen mancher Bewußtseinszustände und das Vergehen anderer hervorzurufen. Und das ist dieses methodische Vorgehen.“ So sprach der Erhabene.
„Poṭṭhapāda, wenn dann weiter der Bhikkhu, indem er die Form-Vorstellungen vollständig überwindet, allen Vorstellungen von materiellen Dingen ein Ende macht und denjenigen von der Mannigfaltigkeit der Objekte in seinem Geiste keine Stätte mehr gewährt, nur noch den unendlichen Raum anerkennt und somit den (in der Idee von der) Raumunendlichkeit bestehenden Zustand erreicht und in ihm lebt, dann erlischt das vorher von ihm gehegte Formen-Bewußtsein. Dafür erwacht dann das geistig-reale Bewußtsein des Glückes, sich auf der Stufe der Raumunendlichkeit zu fühlen, und er ist sich dieser Realität bewußt. Das ist (fünftens) damit gemeint, daß man es methodisch betreiben kann, das Entstehen mancher Bewußtseinszustände und das Vergehen anderer hervorzurufen. Und das ist dieses methodische Vorgehen.“ So sprach der Erhabene.
„Poṭṭhapāda, wenn dann weiter der Bhikkhu, indem er den in (der Idee) der Raumunendlichkeit bestehenden Zustand gänzlich überwindet, auf den Gedanken kommt, daß die Wahrnehmung unendlich sei, und so den in der {Idee der) Wahrnehmungsunendlichkeit bestehenden Zustand erreicht und in ihm lebt, dann erlischt das vorher von ihm gehegte geistig-reale Bewußtsein .des in der (Vorstellung der) Raumunendlichkeit bestehenden Zustandes, dafür erwacht dann das geistig-reale Bewußtsein des in der (Vorstellung der) Wahrnehmungsunendlichkeit bestehenden Zustandes, und er ist sich dieser Realität bewußt. Das ist (sechstens) damit gemeint, daß man es methodisch betreiben kann, das Entstehen mancher Bewußtseinszustände und das Vergehen anderer hervorzurufen. Und das ist dieses methodische Vorgehen.“ So sprach der Erhabene.
„Poṭṭhapāda, wenn dann weiter der Bhikkhu, indem er den in der (Idee der) Wahrnehmungsunendlichkeit bestehenden Zustand gänzlich überwindet und so zu der Vorstellung kommt, daß überhaupt nichts existiere, den in (der Idee) des Nichtvorhandenseins von irgend etwas bestehenden Zustand erreicht und in ihm lebt, dann erlischt das vorher von ihm gehegte geistig-reale Bewußtsein des in (der Vorstellung) der Wahrnehmungsunendlichkeit bestehenden Zustandes. Dafür erwacht dann das geistig-reale Bewußtsein des in (der Vorstellung) des Nichtvorhandenseins von irgend etwas bestehenden Zustandes, und er ist sich dieser Realität bewußt. Das ist (siebentens) damit gemeint, daß man es methodisch betreiben kann, das Entstehen mancher Bewußtseinszustände und das Vergehen anderer hervorzurufen. Und das ist dieses methodische Vorgehen.“ So sprach der Erhabene.
„Poṭṭhapāda, von dem Punkte dieser Schulung an, wo der Bhikkhu nur noch das Bewußtsein seiner eigenen Zustände hat, steigt er (also) allmählich zu immer höheren Zuständen des Bewußtseins empor, bis er dessen höchsten Zustand erreicht hat. In diesem Stadium denkt er: ‚Es ist für mich unangebrachter, zu denken als nicht zu denken. Wenn ich denke und (innerlich) bilde, dann werden diese meine jetzigen Bewußtseinszustände verdrängt und andere, auf Grob-empirisches bezügliche, treten an ihre Stelle. Es ist also wohl besser, wenn ich nicht denke und (innerlich) bilde. Und er denkt nicht und bildet (innerlich) nicht. Dann schwinden sowohl die Bewußtseinszustände dahin, in denen er sich befand, wie auf der anderen Seite keine anderen, auf Empirisches bezüglichen, mehr erscheinen. So erreicht er das Ende. Poṭṭhapāda, auf diese Weise geht also die stufenweise fortschreitende Erreichung des Endes der Bewußtheit vor sich.
„Was meinst du, Poṭṭhapāda? Hast du bisher schon jemals von solcher stufenweise fortschreitenden bewußten Erreichung des Endes der Bewußtheit gehört?“
„Nein Herr! Dies, Herr, sind die Worte des Erhabenen, wie ich sie verstanden habe: ‚Poṭṭhapāda, von dem Punkte dieser Schulung an, wo . . .‘“
„Poṭṭhapāda, (du hast meine Worte) richtig (verstanden).“
„Herr, lehrt der Erhabene nur einen höchsten Zustand des Bewußtseins oder verschiedene höchste Zustände?“
„Poṭṭhapāda, ich lehre sowohl nur einen höchsten Zustand wie auch verschiedene.“
„Wie macht das der Erhabene?“
„Poṭṭhapāda, ich lehre den höchsten Zustand des Bewußtseins in individuell angepaßter Weise für einen jeden so, daß er da das Ende erreicht; so lehre ich nur einen höchsten Zustand des Bewußtseins und doch auch (gewissermaßen) verschiedene.“
„Herr, ist zuerst das Bewußtsein da und dann das Erkennen, oder zuerst das Erkennen und dann das Bewußtsein, oder gleichzeitig Bewußtsein und Erkennen, ohne daß eins von beiden später oder früher als das andere wäre?“
„Poṭṭhapāda, zuerst ist das Bewußtsein da und dann das Erkennen, und durch das Vorhandensein des Bewußtseins ist das des Erkennens bedingt. Denn man weiß: ‚Aus diesem Anlaß fand mein Erkennen statt‘. Auf diese Weise, Poṭṭhapāda, ist zu erschließen, daß zuerst das Bewußtsein da ist und dann das Erkennen und daß das Vorhandensein des Erkennens bedingt ist durch das Vorhandensein des Bewußtseins.“
„Herr, ist das Bewußtsein jemandes Selbst, oder ist das Bewußtsein etwas anderes und etwas anderes das Selbst?“
„Poṭṭhapāda, wie stellst du dir denn das Selbst vor?“
„Herr, als materiell stelle ich es mir vor, als gestaltet, aus den vier Elementen zusammengesetzt und als reelle Speise genießend.“
„Poṭṭhapāda, wenn dein Selbst materiell, gestaltet, aus den vier Elementen zusammengesetzt wäre und von reeller Speise sich nährte, dann würde, gesetzt einmal, es verhielte sich wirklich so, dein Bewußtsein etwas anderes sein und etwas anderes dein Selbst. Das kannst du aus folgendem erschließen. Wir brauchen dabei dies dein materielles, gestaltetes, aus den vier Elementen zusammengesetztes und reelle Speise genießendes Selbst gar nicht weiter zu untersuchen, (bedenke aber): Die einen Bewußtseinszustände kommen, andere vergehen. Poṭṭhapāda, hieraus kannst du erschließen, daß das Bewußtsein etwas anderes sein wird und etwas anderes das Selbst.
„Herr, dann fasse ich das Selbst als geistig auf, aber als ausgestattet mit allen Haupt- und Nebenorganen und Vermögen“.
„Poṭṭhapāda, wenn dein Selbst geistig, aber mit allen Haupt- und Nebenorganen ausgestattet wäre, und keins von den Organen (des Körpers) ihm fehlte, dann würde—gesetzt einmal, es verhielte sich wirklich so,—doch dein Bewußtsein etwas anderes sein und etwas anderes dein Selbst. Das kannst du aus folgendem erschließen. Wir brauchen dabei dies dein geistiges, aber mit allen Haupt- und Nebenorganen und Vermögen ausgestattetes Selbst gar nicht weiter zu untersuchen, (aber bedenke): Die einen Bewußtseinszustände kommen, andere vergehen. Hieraus kannst du schließen, Poṭṭhapāda, daß das Bewußtsein etwas anderes sein wird und etwas anderes das Selbst.“
„Herr, dann fasse ich das Selbst auf als ungestaltet und aus Bewußtsein bestehend.“
„Poṭṭhapāda, wenn dein ungestaltetes Selbst aus Bewußtsein bestände, so würde—gesetzt einmal, es verhielte sich wirklich so—dein Bewußtsein doch etwas anderes sein und etwas anderes dein Selbst. Das kannst du aus folgendem erschließen. Wir brauchen dabei dies dein ungestaltetes, aus Bewußtsein bestehendes Selbst gar nicht weiter zu untersuchen, (aber bedenke): Die einen Bewußtseinszustände kommen, andere vergehen. Hieraus kannst du schließen . . .“
„Herr, ist auch mir selbst die Erkenntnis zugänglich, ob jemandes Bewußtsein und Selbst ein und dasselbe, oder ob sie verschieden sind?“
„Poṭṭhapāda, für dich selbst, der du auf einer abweichenden Anschauungsgrundlage stehst, mit abweichenden Ansichten harmonierst, abweichende Ideen gutheißest, an ihnen hängst und in einer abweichenden Lehre heimisch bist, ist es schwer zu durchschauen, ob jemandes Bewußtsein und Selbst ein und dasselbe oder ob sie verschieden sind.“
„Herr, wenn das für mich schwer zu durchschauen ist, weil ich auf einer abweichenden Anschauungsgrundlage stehe . . ., wie steht es dann mit der Frage: ‚Ist die Welt ewig?‘ Ist nur das wahr und alles andere falsch?“ „Poṭṭhapāda, das habe ich auf sich beruhen lassen.“
„Herr, ist dann die Welt nicht ewig? Ist nur das wahr und alles andere falsch?“ „Poṭṭhapāda, auch das habe ich auf sich beruhen lassen.“
„Herr, ist die Welt (räumlich) endlich? Ist nur das wahr und alles andere falsch?“ „Poṭṭhapāda, auch das habe ich auf sich beruhen lassen.“
„Herr, ist die Welt unendlich? Ist nur das wahr und alles andere falsch?“ „Poṭṭhapāda, auch das habe ich auf sich beruhen lassen.“
„Wie steht es damit, Herr: Ist Seele und Leib ein und dasselbe? Ist nur das wahr und alles andere falsch?“ „Poṭṭhapāda, auch das habe ich auf sich beruhen lassen.“
„Oder ist, Herr, die Seele etwas anderes und etwas anderes der Leib? Ist nur das wahr und alles andere falsch?“ „Poṭṭhapāda, auch das habe ich auf sich beruhen lassen.“
Wie denkst du aber darüber, Herr? Existiert der Tathāgata nach dem Tode? Ist nur das wahr und alles andere falsch?“ „Poṭṭhapāda, auch das habe ich auf sich beruhen lassen.“
„Existiert dann also, Herr, der Tathāgata nicht nach dem Tode? Ist nur das wahr und alles andere falsch?“ „Poṭṭhapāda, auch das habe ich auf sich beruhen lassen.“
„Herr, ist es dann vielleicht so, daß der Tathāgata nach dem Tode sowohl existiert wie nicht existiert. Ist nur das wahr und alles andere falsch?“ „Poṭṭhapāda, auch das habe ich auf sich beruhen lassen.“
„Oder, Herr, verhält es sich vielleicht so, daß der Tathāgata nach dem Tode weder existiert noch auch nicht existiert? Ist nur das wahr und alles andere falsch?“ „Poṭṭhapāda, auch das habe ich auf sich beruhen lassen.“
„Herr, warum aber hat es der Erhabene auf sich beruhen lassen?“ „Poṭṭhapāda, weil das alles nichts zu tun hat mit dem, worauf es ankommt, nichts mit den Tatsachen und nichts mit den fundamentalen Normen des heiligen Wandels, weil es nicht zur inneren Abkehr (von der Erscheinungswelt), zur Freiheit vom Verlangen, zum Ende, zum Frieden, zur Erkenntnis, zur Erleuchtung, zum Nibbāna führt, darum habe ich es auf sich beruhen lassen.“
„Herr, was aber hat der Erhabene verkündet?“ „‚Dies ist das Leiden‘, ‚dies ist der Ursprung des Leidens‘, ‚dies ist das Ende des Leidens‘ und ‚dies ist der Weg, der zum Ende des Leidens führt‘, das, Poṭṭhapāda, habe ich verkündet.“
„Herr, warum aber hat der Erhabene (gerade) dieses verkündet?“ „Poṭṭhapāda, weil es zusammenhängt mit dem, worauf es ankommt, mit den Tatsachen, mit den fundamentalen Normen des heiligen Wandels, weil es zur inneren Abkehr, zur Freiheit vom Verlangen, zum Ende, zum Frieden, zur Erkenntnis, zur Erleuchtung, zum Nibbāna führt, deshalb habe ich es verkündet.“ „Ja, es wird an dem sein, Erhabener, es wird so sein, du Pfadvollender. Und nun, Herr, wolle der Erhabene tun, was ihm gefällt!“
Da stand der Erhabene von seinem Sitze auf und ging von dannen.
Als der Erhabene eben fort war, da schütteten die Wander-Asketen von allen Seiten eine wahre Flut von Stichelreden aus über den Wander-Asketen Poṭṭhapāda: „Dieser Poṭṭhapāda findet ja alles ohne Ausnahme gut und schön, was der Samaṇa Gotama spricht. ‚Ja, es wird an dem sein, Erhabener, es wird so sein, du Pfadvollender‘ (das war alles, was er dazu bemerkte). Wir unserseits aber könnten keinen einzigen Punkt nennen, über den der Samaṇa Gotama sich mit Bestimmtheit geäußert hätte, was die Fragen anbetrifft, ob die Welt ewig ist oder nicht, endlich oder nicht, ob Seele und Leib identisch sind oder verschieden, ob der Tathāgata nach dem Tode fortexistiert oder nicht, ob er sowohl fortexistiert wie nicht fortexistiert, oder ob er weder fortexistiert noch nicht fortexistiert.“
Der Wander-Asket Poṭṭhapāda aber antwortete seinen Wander-Asketen darauf: „Auch ich weiß, was diese Probleme anbetrifft, von keinem einzigen Punkte, den der Samaṇa Gotama mit Bestimmtheit festgestellt hätte. Aber er zeigt den rechten, wahren und wahrhaftigen Weg, dessen feste Grundlage und zuverlässige Richtlinie die Wahrheit ist. Wie sollte aber jemand meinesgleichen, wenn der Samaṇa Gotama ihm diesen Weg zeigt, seine vortrefflichen Worte nicht als solche anerkennen, sofern er bei Vernunft ist?“
Zwei oder drei Tage später kam Citta, der Sohn des Hatthisārī, und der Wander-Asket Poṭṭhapāda zum Erhabenen. Citta, des Hatthisārī Sohn, verneigte sich ehrfurchtsvoll vor dem Erhabenen und setzte sich etwas abseits nieder, der Wander-Asket Poṭṭhapāda aber begrüßte sich freundlich mit dem Erhabenen und tauschte mit ihm die üblichen höflichen Fragen nach dem Befinden usw. aus und nahm dann etwas abseits Platz. Hierauf sprach der Wander-Asket Poṭṭhapāda zum Erhabenen:
„Herr, als damals der Erhabene eben von mir fort war, da schütteten meine Wander-Asketen von allen Seiten eine wahre Flut von Stichelreden über mich aus: ‚Dieser Poṭṭhapāda findet ja alles ohne Ausnahme gut und schön, was der Samaṇa Gotama spricht: ‚Ja, es wird an dem sein, Erhabener, es wird so sein, du Pfadvollender‘ (das war alles, was er dazu bemerkte). Wir unserseits aber könnten keinen einzigen Punkt nennen, über den der Samaṇa Gotama sich mit Bestimmtheit geäußert hätte, was die Fragen anbetrifft, ob . . .‘ Und ich erwiderte ihnen, Herr: ‚Auch ich weiß, was diese Probleme anbetrifft, von keinem einzigen Punkte, den der Samaṇa Gotama mit Bestimmtheit festgestellt hätte. Aber er zeigt den rechten, wahren und wahrhaftigen Weg, dessen feste Grundlage und zuverlässige Richtlinie die Wahrheit ist. Wie sollte aber jemand meinesgleichen, sofern er bei Vernunft ist, wenn der Samaṇa Gotama ihm diesen Weg zeigt, seine vortrefflichen Worte nicht als solche anerkennen?‘“
„Poṭṭhapāda, alle diese Wander-Asketen sind blind, nichtsehend. Du bist der einzige Sehende unter ihnen. Ich habe in der Tat nur über manche Dinge ein Urteil abgegeben und gepredigt, andere aber im Ungewissen gelassen. Und welches sind die, die ich im Ungewissen gelassen habe? Die Fragen, ob die Welt ewig oder nicht ewig, endlich oder unendlich ist, ob Seele und Leib ein und dasselbe oder ob sie verschieden sind, ob der Tathāgata nach dem Tode existiert oder nicht existiert, oder ob er sowohl existiert wie nicht existiert, oder ob er weder existiert noch nicht existiert.
„Und, Poṭṭhapāda, warum habe ich diese Fragen, wenn ich sie berührt habe, im Ungewissen gelassen? Weil sie, Poṭṭhapāda, nichts zu tun haben mit dem, worauf es ankommt, nichts mit den Tatsachen und nichts mit den fundamentalen Normen des heiligen Wandels, weil sie nicht zur inneren Abkehr (von der Erscheinungswelt), zur Freiheit vom Verlangen, zum Ende, zum Frieden, zur Erkenntnis, zur Erleuchtung, zum Nibbāna führen, darum habe ich sie, wenn ich sie berührte, im Ungewissen gelassen. „Und über welche von mir berührten Dinge habe ich keinen Zweifel gelassen? ‚Dies ist das Leiden‘, ‚dies ist der Ursprung des Leidens‘, ‚dies ist das Ende des Leidens‘ und ‚dies ist der Weg, der zum Ende des Leidens führt‘. Und warum, Poṭṭhapāda, habe ich darüber keinen Zweifel gelassen? Weil sie zusammenhängen mit dem, worauf es ankommt, mit den Tatsachen, mit den fundamentalen Normen des heiligen Wandels, weü sie zur inneren Abkehr, zur Freiheit vom Verlangen, zum Ende, zum Frieden, zur Erkenntnis, zur Erleuchtung, zum Nibbāna führen, darum habe ich darüber keinen Zweifel gelassen.
„Poṭṭhapāda, es gibt manche Samaṇa’s und Brahmanen, die behaupten und glauben, das Selbst sei nach dem Tode ausschließlich selig und frei von körperlicher Gebrechlichkeit. Die suchte ich auf und fragte sie: ,Ist es wahr, was man sagt? Behauptet und glaubt ihr Ehrwürdigen, das Selbst sei nach dem Tode ausschließlich selig und frei von körperlicher Gebrechlichkeit?‘ Sie beantworteten meine Frage mit ‚Ja‘. Darauf fragte ich sie: ‚Habt ihr Ehrwürdigen in eurem Leben schon eine Welt ausschließlicher Seligkeit gesehen, kennt ihr eine solche?‘ Sie beantworteten meine Frage mit ‚Nein‘. Ich fragte sie dann: ‚Seid ihr Ehrwürdigen euch bewußt, daß euer Selbst einmal auch nur eine einzige Nacht oder einen einzigen Tag oder eine halbe Nacht oder einen halben Tag ausschließlich glücklich gewesen sei?‘ Sie antworteten: ‚Nein‘. Ich fragte sie weiter: ‚Vielleicht kennt ihr Ehrwürdigen aber einen Weg, einen Pfad, der zur Erreichung einer ausschließlich seligen Welt führt?‘ Sie verneinten wieder. Ich fragte: ‚Oder habt ihr Ehrwürdigen vielleicht von Gottheiten, die in einer Welt ausschließlicher Seligkeit existieren, diese Worte zu euch sprechen hören: ‚Geehrte Herren, wandelt auf dem rechten Pfade und strebt geraden Weges, die Welt ausschließlicher Seligkeit zu gewinnen; denn auch wir, geehrte Herren, sind auf solchem Pfade wandelnd in die Welt ausschließlicher Seligkeit gelangt!‘? Sie verneinten auch das. Poṭṭhapāda, was meinst du, erweist sich denn da der Glaubenssatz jener Samaṇa’s und Brahmanen nicht als unüberlegtes Gerede?
„Es verhält sich damit geradeso, als wenn jemand sagen würde: ‚Ich liebe die Schönste in dem und dem Lande und möchte sie besitzen‘, wenn man ihn aber fragte: ‚Mann, weißt du denn, ob die Schönste jenes Landes, die du liebst und zu besitzen wünschst, der Khattiya-, Brahmanen-, Vessa- oder Sudda-Kaste angehört?‘ mit ‚Nein‘ antwortete, und wenn man ihn fragte: ‚Weißt du denn, wie sie mit Eigen- und Familiennamen heißt, ob sie groß, klein oder von Mittelgröße ist, ob sie schwarze oder nur dunkle oder helle Hautfarbe hat, ob sie in dem und dem Dorfe oder Flecken oder in der und der Stadt wohnt?‘ wieder mit ‚Nein‘ antwortete, und wenn man ihn schließlich fragte: ‚Wie, Mann, du liebst eine und willst sie besitzen, die du gar nicht kennst und noch nicht gesehen hast?‘ mit ‚Ja‘ antwortete. Glaubst du nicht, Poṭṭhapāda, daß sich da die Worte dieses Mannes als unüberlegtes Gerede erweisen?“ „In der Tat, Herr, so ist es.“
„Poṭṭhapāda, ebenso ist es mit den Samaṇa’s und Brahmanen, die behaupten und glauben, das Selbst sei nach dem Tode ausschließlich selig und frei von körperlicher Gebrechlichkeit. Ich suchte sie auf und fragte sie: . . . „In der Tat, Herr, so ist es.“
„Poṭṭhapāda, es verhält sich mit ihnen ferner ebenso, als wenn jemand auf einem Platze, dessen vier Seiten von vier Straßenmündungen gebildet werden, eine Treppe bauen wollte, die auf den Söller eines Hauses führen soll, und wenn man ihn fragte: ‚Mann, kennst du denn im Osten, Westen, Norden oder Süden einen Haus-Söller, zu dem du mit der Treppe, die du da baust, einen Zugang schaffen willst, und weist du, ob er hoch, niedrig oder in mäßiger Höhe gelegen ist?‘ mit ‚Nein‘ antwortete, und wenn man dann fragte: ‚O Mann, du baust also eine Treppe als Zugang zu einem Haus-Söller, von dem du garnichts weißt und siehst?‘ mit ‚Ja‘. Poṭṭhapāda, meinst du nicht, daß sich da die Worte jenes Mannes als unüberlegtes Gerede erweisen?“ „In der Tat, Herr, so ist es.“
„Poṭṭhapāda, ebenso ist es mit den Samaṇa’s und Brahmanen, die behaupten und glauben, das Selbst sei nach dem Tode ausschließlich selig und frei von körperlicher Gebrechlichkeit. Ich suchte sie auf und fragte sie: . . . „In der Tat, Herr, so ist es.“
„Poṭṭhapāda, diese drei Arten des Selbstes nimmt man an: das ‚materielle‘, das ‚geistige‘ und das ‚gestaltlose‘. Poṭṭhapāda, welches ist das ‚materielle‘ ? Dasjenige, das Gestalt hat, aus den vier Elementen aufgebaut ist und reelle Speise genießt. Welches ist das ‚geistige‘? Dasjenige, welches, obwohl geistig, doch Gestalt hat und mit allen Haupt- und Nebenorganen und Vermögen ausgestattet ist (die der Körper besitzt). Und welches ist das ‚gestaltlose‘? Dasjenige, welches aus Bewußtsein besteht und keine Gestalt hat.
„Poṭṭhapāda, ich predige euch die Lehre, die euch erlösen soll vom Besitze des materiellen Selbstes, bei deren Befolgung alle Befleckung (durch das Empirische) von euch abfallen, eure Reinheit (vom Empirischen) zunehmen wird und ihr schon hier im Irdischen die Fülle und ganze Entfaltung der Weisheit durch eigene Erkenntnis schauen dürft und zu dauerndem Besitz gewinnt. Poṭṭhapāda, es könnte nun sein, daß du so denkst: ‚Die Befleckung (durch das Empirische) mag ja schwinden, die Reinheit zunehmen, und man mag ja wohl schon hier im Irdischen die Fülle und ganze Entfaltung der Weisheit durch eigene Erkenntnis schauen und zu dauerndem Besitz gewinnen, das wird aber doch ein recht trübseliges Leben sein‘. So dürft ihr indessen die Sache nicht ansehen, Poṭṭhapāda. Vielmehr wird alles Erwähnte eintreten und dann Freude, Lust, Beruhigung, ernstes Sichbesinnen und Vollbewußtheit und Glückseligkeit folgen.
„Poṭṭhapāda, auch zur Erlösung vom Besitze des geistigen Selbstes predige ich die Lehre, bei deren Befolgung alle Befleckung (durch das Empirische) von euch abfallen und eure Reinheit zunehmen wird . . .
„Poṭṭhapāda, auch zur Erlösung vom Besitze des gestaltlosen Selbstes predige ich die Lehre . . .
„Poṭṭhapāda, wenn andere mich fragen würden: ‚Freund, welches ist aber der Besitz des materiellen Selbstes, von dem du durch deine Lehre befreien willst (indem du sagst): ‚Wenn ihr dieser nachfolgt, dann wird alle Befleckung (durch das Empirische) von euch abfallen, eure Reinheit aber zunehmen, und ihr werdet schon im Irdischen die Fülle und ganze Entfaltung der Weisheit durch eigene Erkenntnis schauen und zu dauerndem Besitz gewinnen‘?‘, so würde ich ihnen antworten: ‚Freunde, es ist lediglich jener von euch angenommene Besitz des materiellen Selbstes, von dem ich euch durch die Verkündigung meiner Lehre erlösen will, bei deren Befolgung alle Befleckung . . .
„Poṭṭhapāda, wenn andere mich fragen würden: ‚Freund, welches ist aber das geistige Selbst . . .
„Poṭṭhapāda, wenn andere mich fragen würden: ‚Freund, welches ist aber das gestaltlose Selbst . . .
„Wie denkst du nun, Poṭṭhapāda? Erweisen sich da meine Worte nicht als mit vernünftiger Überlegung gesprochen?“ „Herr, in diesem Falle sind deine Worte in der Tat vernünftig überlegt.“
„Poṭṭhapāda, es ist, wie wenn jemand, um zum Söller eines Hauses einen Zugang zu schaffen, unmittelbar darunter eine Treppe baut. Wenn den die Leute fragen: ‚Mann, weißt du denn, ob der Haus-Söller, zu dem du mit der Treppe, die du baust, einen Zugang schaffen willst, im Osten, Süden, Westen oder Norden steht, ob er hoch, niedrig oder in mittlerer Höhe liegt?‘ und er antwortet: ‚Freunde, dies hier ist ja eben der Haus-Söller, zu dem ich mit der Treppe, die ich unmittelbar darunter baue, einen Zugang schaffen will‘—was meinst du, Poṭṭhapāda, sind dann dessen Worte nicht Ausfluß vernünftiger Überlegung?“ „In der Tat, Herr, in diesem Falle sind die Worte des Mannes Ausfluß vernünftiger Überlegung.“
„Poṭṭhapāda, ganz ebenso stände die Sache, wenn andere mich fragen würden: ‚Freund, welches ist aber der Besitz des materiellen Selbstes? . . .; ‚welches der des geistigen? . . .; ‚welches der des gestaltlosen? . . .‘ und wenn ich ihnen antworten würde: ‚Freunde, es ist lediglich der von euch angenommene Besitz des gestaltlosen Selbstes, von dem ich euch durch die Verkündigung meiner Lehre erlösen will, bei deren Befolgung alle Befleckung (durch das Empirische) von euch abfallen, eure Reinheit zunehmen wird und ihr schon hier im Irdischen die Fülle und ganze Entfaltung der Weisheit durch eigene Erkenntnis schauen dürft und zu dauerndem Besitz gewinnt‘. Meinst du nicht, Poṭṭhapāda, daß da meine Worte von vernünftiger Überlegung zeugen würden?“ „Sicherlich, Herr.“
In diesem Augenblicke richtete Citta, des Hatthisārī Sohn, an den Erhabenen diese Frage: „Herr, ist, solange jemand das materielle Selbst besitzt, für ihn der Besitz des geistigen und des gestaltlosen Selbstes ausgeschlossen und nur der Besitz des materiellen Selbstes wahr? Und ist, so lange jemand das geistige Selbst besitzt, für ihn der Besitz des materiellen und des gestaltlosen Selbstes ausgeschlossen und nur der Besitz des geistigen Selbstes wahr? Und ist, so lange jemand das gestaltlose Selbst besitzt, für ihn der Besitz des materiellen und des geistigen Selbstes ausgeschlossen und nur der Besitz des gestaltlosen Selbstes wahr?“
„Citta, solange jemand das materielle Selbst besitzt, kann für ihn vom Besitze des geistigen oder gestaltlosen Selbstes nicht die Rede sein, sondern nur vom materiellen; solange jemand das geistige Selbst besitzt, kann für ihn vom Besitze des materiellen oder gestaltlosen Selbstes nicht die Rede sein, sondern nur vom geistigen; solange jemand das gestaltlose Selbst besitzt, kann für ihn vom Besitze des materiellen oder geistigen Selbstes nicht die Rede sein, sondern nur vom gestaltlosen. Citta, wenn man dich fragte: ‚Existiertest du in der Vergangenheit, ist es nicht der Fall, daß du nicht existiertest; wirst du in der Zukunft existieren, ist es nicht der Fall, daß du nicht existieren wirst; existierst du in der Gegenwart, ist es nicht der Fall, daß du jetzt nicht existierst?‘ Citta, was würdest du antworten?“
„Herr, wenn man diese Fragen an mich richtete, würde ich antworten: ‚Ich existierte in der Vergangenheit, es ist nicht der Fall, daß ich nicht existierte; ich werde in der Zukunft existieren, es ist nicht der Fall, daß ich nicht existieren werde; ich existiere in der Gegenwart, es ist nicht der Fall, daß ich nicht existiere‘.“
„Citta, wenn man dich nun aber fragte: Ist nur der Besitz des Selbstes in der Vergangenheit wahr, der zukünftige und gegenwärtige aber unwahr? Und wird in der Zukunft nur der zukünftige Besitz des Selbstes wahr sein, der der Vergangenheit und Gegenwart aber unwahr? Und ist in der Gegenwart nur der gegenwärtige Besitz des Selbstes wahr, der der Vergangenheit und Zukunft aber unwahr?“ „Herr, wenn man mich so fragte, dann würde ich antworten: ‚In der Vergangenheit war nur der damalige Besitz des Selbstes wahr, der zukünftige und gegenwärtige aber unwahr; in der Zukunft wird nur der zukünftige Besitz des Selbstes wahr sein, der der Vergangenheit und Gegenwart aber unwahr; und jetzt ist nur der gegenwärtige Besitz des Selbstes wahr, der der Vergangenheit und Zukunft aber unwahr‘.“
„Citta, geradeso kann, solange jemand das materielle Selbst besitzt, für ihn vom Besitz des geistigen oder des ungestalteten Selbstes nicht die Rede sein, sondern nur vom Besitz des materiellen; solange jemand das geistige Selbst besitzt . . ., und solange jemand das ungestaltete Selbst besitzt, kann vom Besitz des materiellen und des geistigen Selbstes für ihn nicht die Rede sein, sondern nur vom Besitz des ungestalteten.
„Citta, wie aus der Kuh die Milch kommt, aus Milch saure Sahne entsteht und aus saurer Sahne Butter, aus Butter zerlassene Butter und aus zerlassener Butter der Schaum auf ihr; und wie die süße Milch, so lange sie noch süße Milch ist, nicht ‚saure Sahne‘ heißen kann, ebensowenig ‚Butter‘, ‚zerlassene Butter‘ oder ‚Schaum auf zerlassener Butter‘, sondern nur ‚süße Milch‘; und wie saure Sahne, so lange sie saure Sahne ist, nicht . . .; und wie Butter, wenn sie eben Butter ist . . .; und wie zerlassene Butter, wenn sie eben zerlassene Butter ist . . .; und wie der Schaum von zerlassener Butter, sobald er eben da ist, nicht mehr ‚süße Milch‘ heißen kann, noch ‚saure Sahne‘, noch ‚Butter‘, noch ‚zerlassene Butter‘, sondern nur ‚Schaum von zerlassener Butter‘—
„Geradeso, Citta, kann, solange jemand das materielle Selbst besitzt . . . oder das geistige Selbst . . .; und geradeso kann, solange jemand das gestaltlose Selbst besitzt, für ihn vom Besitz des materiellen oder des geistigen Selbstes nicht die Rede sein, sondern nur vom gestaltlosen. Citta, das sind überhaupt nur landläufige Namen, Ausdrucksweisen, Benennungen, Bezeichnungsarten, welche (weil sie einmal im Gebrauch sind) auch der Tathāgata gebraucht. Aber er nimmt sie nicht ernst.“
Da sprach der Wander-Asket Poṭṭhapāda: „Vortrefflich, Herr, ganz, vortrefflich! Wie man etwas Umgestürztes aufrichtet, etwas Verschleiertes enthüllt, einem Verirrten den Weg weist oder eine Öllampe bringt, wenn es finster ist, damit die, die Augen haben, die Dinge sehen können, geradeso hat der Erhabene auf mancherlei Weise die Lehre verkündet. Daher nehme ich, Herr, meine Zuflucht bei dem Erhabenen, bei seiner Lehre und bei der Bhikkhu-Gemeinde; als Laiengläubigen, der heute für sein ganzes Leben seine Zuflucht bei ihm genommen hat, wolle der Erhabene mich gelten lassen.“
Citta, des Hatthisārī Sohn, aber sprach zum Erhabenen: „Vortrefflich, Herr, ganz vortrefflich! Wie man etwas Umgestürztes aufrichtet, etwas Verschleiertes enthüllt, einem Verirrten den Weg weist oder eine Öllampe bringt, wenn es finster ist, damit die, die Augen haben, die Dinge sehen können, geradeso hat der Erhabene auf mancherlei Weise die Lehre verkündet. Daher nehme ich, Herr, meine Zuflucht bei dem Erhabenen, bei seiner Lehre und bei der Bhikkhu-Gemeinde. Ich möchte, Herr, der Zeremonie des Weltverzichtes in der Nachfolge des Erhabenen und der Zeremonie der Aufnahme (in den Orden) teilhaftig werden.“
Und Citta, des Hatthisārī Sohn, wurde der Zeremonie des Weltverzichtes in der Nachfolge des Erhabenen und der Aufnahme teilhaftig. Und schon bald nach der Aufnahme lebte der ehrwürdige Citta, des Hatthisārī Sohn, für sich allein und zurückgezogen, wachsam, strebend und innerlich gerade aufs Ziel gerichtet, und es dauerte nicht lange, so hatte er jenes höchste Endziel frommen Lebens, um deswillen Männer aus den besten Familien auf immer aus dem Heim in die Heimlosigkeit gehen, schon hier im Irdischen selbst erkannt, verwirklicht und zu dauerndem Besitz gewonnen, und es war ihm klar geworden: „Aufgehoben ist alles Werden, vorbei ist es mit der Notwendigkeit religiösen Ringens, gelöst ist die Aufgabe, eine Wiederkehr gibt es nicht.“ Und so war der ehrwürdige Citta, des Hatthisārī Sohn, ein Vollendeter geworden.
Ende des Poṭṭhapāda-Sutta.