Aṅguttara Nikāya

Das Zehner-Buch

54. Selbstprüfung

Wenn da, ihr Mönche, ein Mönch mit der Geistesbeschaffenheit anderer nicht vertraut ist, so hat er danach zu streben, mit der Beschaffenheit seines eigenen Geistes vertraut zu werden.

Gleichwie, ihr Mönche, wenn da eine Frau oder ein Mann, jung, jugendlich und schmuckliebend, in einem reinen, hellen Spiegel oder einem Gefäß mit klarem Wasser das Antlitz betrachtend, darin Staub oder Schmutz bemerkt und sich dann bemüht, diesen Staub oder Schmutz zu entfernen; und wenn er darin keinen Staub und Schmutz bemerkt, er dann vergnügt ist und sein Wunsch befriedigt: „Wohl mir, rein bin ich!“ Ebenso auch, ihr Mönche, ist für den Mönch die Selbstprüfung hinsichtlich heilsamer Eigenschaften von großer Wichtigkeit:

  • „Besitze ich wohl die innere Geistesruhe (ajjhattam cetosamatha), oder besitze ich sie nicht?
  • Besitze ich wohl den ‚Hohen Wissenshellblick bei den Daseinserscheinungen, (adhipaññā-dhammavipassanā)‘ oder besitze ich ihn nicht?“

Wenn nun, ihr Mönche, der Mönch bei seiner Selbstprüfung erkennt, daß er die innere Geistesruhe besitzt, nicht aber den Hohen Wissenshellblick bei den Daseinserscheinungen, so hat jener Mönch, gefestigt in der inneren Geistesruhe, nach dem Hohen Wissenshellblick zu streben. In der Folgezeit wird er dann sowohl innere Geistesruhe besitzen als auch den Hohen Wissenshellblick bei den Daseinserscheinungen.

Wenn aber, ihr Mönche, der Mönch bei seiner Selbstprüfung erkennt, daß er den hohen Wissenshellblick bei den Daseinserscheinungen besitzt, nicht aber die innere Geistesruhe, so hat jener Mönch, gefestigt im Hohen Wissenshellblick, nach der inneren Geistesruhe zu streben. In der Folgezeit wird er dann sowohl den Hohen Wissenshellblick besitzen als auch die innere Geistesruhe.

Wenn aber, ihr Mönche, der Mönch bei seiner Selbstprüfung erkennt, daß er weder die innere Geistesruhe besitzt noch den Hohen Wissenshellblick bei den Daseinserscheinungen, so hat jener Mönch, um eben diese heilsamen Dinge zu erwirken, äußersten Willensentschluß, Tatkraft, Streben, Ausdauer, Standhaftigkeit, Achtsamkeit und Geistesklarheit einzusetzen. Gleichwie einer, dessen Kleider oder Haare in Flammen stehen, um diese zu löschen, äußersten Willensentschluß, Tatkraft, Streben, Ausdauer, Standhaftigkeit, Achtsamkeit und Geistesklarheit zu betätigen hat; ebenso muß auch ein Mönch, um jene heilsamen Dinge zu erwirken, äußersten Willensentschluß... einsetzen. In der Folgezeit wird er dann sowohl innere Geistesruhe besitzen als auch den Hohen Wissenshellblick bei den Daseinserscheinungen.

Wenn aber, ihr Mönche, der Mönch bei seiner Selbstprüfung erkennt, daß er sowohl die innere Geistesruhe besitzt als auch den Hohen Wissenshellblick, so hat eben jener Mönch, in diesen heilsamen Eigenschaften gefestigt, weiterhin nach Versiegung aller Triebe zu streben.

Hinsichtlich eines Gewandes, ihr Mönche, lehre ich zweierlei: ob man es tragen soll oder nicht; zweierlei hinsichtlich der Almosenspeise: ob man sie genießen soll oder nicht; zweierlei hinsichtlich der Wohnstätte: ob man sie bewohnen soll oder nicht; zweierlei hinsichtlich Dorf und Stadt: ob man sie besuchen soll oder nicht; zweierlei hinsichtlich eines Landes: ob man darin leben soll oder nicht; zweierlei hinsichtlich eines Menschen: ob man mit ihm verkehren soll oder nicht.

(Die hier folgende Erklärung entspricht derjenigen in AN 9.6; hier jedoch in der obigen Reihenfolge und mit der Änderung von „hat man zu wissen“ in „lehre ich“.)